Twizy: Sitze bezogen und Teile lackiert

Seitdem ich den Twizy besitze, störte mich die verschlissene Sitzschale des Fahrersitzes. Sieht nicht gut aus und wenn er regnet, hatte ich noch Tage später einen nassen Arsch.

Vorgeschichte

In einer Twizy-Gruppe auf Facebook postete ich einen Beitrag:

Tankdeckel Twizy

Daraufhin wurde ich rüde angegangen:

Zerpupster Sitz im Twinz
Zerpupster Sitz im Twizy

Okay, Bestandsaufnahme:

  1. Polster hat tiefe Risse
  2. Kunstleder nicht zu retten
  3. Unbekannte Substanzen (Dichtmasse? Farbe? Klebstoff) auf und im Sitz.

Kunstleder kaufen

Bei Helgas Wichtelwelt im Nachbarort, die eigentlich ein Online-Shop ist, kaufte ich 1,5 m² Kunstleder für 15 EUR und im Toom einen Topf Pattex für denselben Kurs.
Sie hat auch eine Facebook-Seite. Bei Helga kann man auch online bestellen. *zwinker* *zwinker* :-) Sie ist nett und verdient Unterstützung.

Dieses Kunstlederdesign (im Ausverkauf) gibt es auch in Silber, Gold und Kupfer. Kupfer ist cool, aber mir war es zu hell und deshalb vielleicht zu empfindlich. Ich überlege, ob ich den Dachhimmel noch mit diesem Kunstleder beziehen soll. Der sieht auch nur semigut aus. Hat Flecken. Ich weiß nicht, was der Vorbesitzer damit gemacht hat.

Fragt mich auch nicht, was das Zeug auf dem Sitz und in den Ritzen ist. Der Vorbesitzer arbeitet in der Industrie. Klimaanlagentechnik?

Polster entfernen

Was soll ich jetzt hier lange schreiben, wenn der TwizyChrisy schon ein Video darüber gedreht hat?

Putzen, putzen, putzen!

Die Polster sind ab. Ich musste unglaublich viel putzen. Fünf Durchgänge von der Kaltreinigung bis in die Badewanne. Immer und immer wieder kam weiterer grauer Straßendreck aus dem Sitzt und färbte das Wasser dunkel.

Jetzt müssen die Polster über Nacht trocknen.

Erster Versuch

Ich begann mit der Kopfstütze.

Die Vorgehensweise könnt Ihr diesem Artikel entnehmen: Dachhimmel im Auto erneuern. Da habe ich genau gezeigt, wie man einen Stoff auf einen Dachhimmelträger so verklebt, dass er sich auch nach zehn Jahren nicht mehr löst und besser als vom Werk installiert hält.

Auch die Kopfstütze habe ich gründlich gereinigt. Danach musste ich die Tackeklammern lösen, was gut mit der Ecke eines Spachtels ging, wenn man die Klammern nicht zusammen mit dem Stoff aus dem Kunststoffträger ziehen konnte.

Dann schnitt ich den überstehenden Rand mit den Klammern mit einem Cuttermesser rundum ab, denn man kann den Bezug nicht abziehen. Dieser scheint mit Hitze formschlüssig mit dem Schaumstoff bis zum Rand hin verpresst und verklebt zu werden, sodass die Polsterer nur noch das fertige Polsterlement mit dem Träger vertackern müssen.

Die Kopfstütze legte ich auf das Kunstleder und testete, wie viel Überstand ich benötigte. Die Form schnitt ich dann grob aus.

Ich trug Pattex mit dem Pinsel auf die Kopfstütze und die Rückseite des Kunstleders auf. Kurz antrocknen lassen und dann beide Teile fest zusammenpressen.

Auf den geraden Kanten tackerte ich Kunstleder und Plastik zusammen. An den Ecken schnitt ich das Kunstleder ein, um es möglichst faltenfrei umlegen zu können. Ich half noch etwas mit einem Föhn nach, damit das Leder geschmeidiger wurde.

Die Kopfstütze schien mir zuerst am einfachsten zu beziehen. Aber da fällt natürlich jeder Fehler sofort auf, da sie an prominenter Stelle sitzt und durch die engen Radien zu Faltenbildung neigt. Na ja, ich bin kein gelernter Polsterer. Das ist ja nicht umsonst ein Ausbildungsberuf, nicht wahr? Hier benötigt man auf jeden Fall Erfahrung und Geschick. Mir fehlt beides.

Schaumstoff „reparieren“

Die Sitzfläche war fertich. voll fertich.

Ich sage es gleich: Das war eine Schnapsidee! Natürlich ist der Schaumstoff nun wieder richtig stabil, aber man sieht am Ende doch meine Flicken und die alten Risse durch das Kunstleder hindurch.

Auf der Sitzfläche, die zwölf Jahre lang der Sonne, Wind und Wetter ausgesetzt war, war das Kunstleder bereits porös und brüchig geworden. An allen senkrechten Flächen war es hingegen noch tipptopp in de Reih.

Scheinbar litt auch die Verklebung zwischen dem Schaumstoff und dem Bezug, sodass ich ihn an den meisten Ecken problemlos in Streifen abziehen konnte. Nur an den Rändern selbst klebte es wie die Sau.

Ich verklebte die Risse mit Pattex und wollte die Fläche, aus der bereits Schaumstoffteile fehlten, mit Tüchern vor erneuten Rissen schützen. Alte Bettlaken? Ach, Baumwollstoff ist mir zu empfindlich, also griff ich zu vorhandenen und älteren (aber sauberen!) Mikrofaserputztüchern, denen ich den gekettelten Rand abschnitt.

Leider hatte ich kein Tuch, das groß genug für die gesamte Sitzfläche war. Also stückelte ich an. Ein böser Fehler, wie sich noch herausstellen sollte.

Zweiter Versuch

Die Rückenlehne kam aber als Nächstes dran, bis der Sitz komplett durchgetrocknet war. Außerdem ist der am schwersten zu beziehen, vorher wollte ich weitere Erfahrungen sammeln. An der Rückenlehne verfeinerte ich meine Technik.

Für meine Verhältnisse war ich mit dem Ergebnis recht zufrieden. Ich legte die Lehne beiseite und kümmerte mich um die Sitzfläche.

Dritter Versuch

Von oben nach unten, Kopfstütze und Rückenlehne, war ich durch. Mein Angstgegner, die Sitzfläche, wartete. Schon als ich in den Keller in die Garage ging, konnte ich sie im Dunkeln leise kichern hören. Sie wollte und sollte es mir nicht leicht machen.

Bei dem ganzen Stress kam ich nicht dazu, Bilder zu machen. Es war ein echtes Drama und ich hantierte mit Kleber, Schere, Cuttermesser und einem Föhn.

Das Ergebnis

Ich bin kein Sattler. Punkt. Vielleicht werde ich mir noch einmal dieses Kunstleder besorgen, eine dünne Schaumstoffschicht auf den Sitz auftragen und dann neu beziehen. Meine jetzige Arbeit würde darunter bleiben, denn das Zeug bekomme ich nie wieder runter.

Den Bezug würde ich in zwei Teile teilen, einer für die waagerechte Fläche und einer für die senkrechte. Dann mit Nadeln am Sitz befestigen, die beiden Teile mit Nadeln abstecken und mit der Maschine vernähen. Das sollte die schlimmsten Falten verhindern.

Ja, gut, nun habe ich eben einen fünf Meter Sitz. Bitte? Ja, das bedeutet, dass er aus fünf Meter Entfernung gut aussieht.

Rücksitz

Eigentlich hatte ich die Nase komplett voll. Ich wollte den Rücksitz nicht mehr beziehen. Aber am nächsten Tag, nach einer Probefahrt, auf der ich merkte, dass der Sitz viel bequemer und viel mehr Seitenhalt bot, packte es mich dann doch.

Putzem putzen und putzen! Nur so hält der Klebstoff auch auf dem alten Kunstleder. Ich bemerkte, dass der Schaumstoffrand die Funktion eines Kantenschutzes hatte, als ich den vorderen Sitz bezog. Es besteht die Gefahr, dass mir das Kunstleder mit der Zeit an den Kanten des Rahmens einreißen könnte.

Ich begann mit dem schwierigsten Teil, der Sitzfläche. Ich war sauer und wollte es wissen. Wenn ich meine Energie zudem mit der Kopfstütze und der Rückenlehne vergeude, hätte ich keine mehr für die Sitzfläche.

Ich legte die Sitzfläche auf den Stoff, bestich die eine Seite mit Kleber und markierte den Umriss der anderen Seite ebenfalls mit Kleber. Dann füllte ich die Fläche auf. So passten die beiden Klebeflächen beim Herumdrehen des Polsters direkt aufeinander. Erstaunlicherweise ließ sich der Rücksitz sehr viel besser als der Vordersitz beziehen.

Mit dem Ergebnis kann ich leben, es ist „okay“. Der Sohn meiner Frau freute sich sogar, es sähe nun viel einladender aus. Ja, eine schwarze Sozius-Höhle ist nicht schön.

Der Dachhimmel

Ich hatte noch genügend Stoff übrig, da ich von vorneherein den Himmel beziehen wollte. Auch dieser wies nicht entfernbare Spuren von Klebstoffen auf. Fragt mich doch bitte nicht, was der Vorbesitzer dort befestigte. Er war immer für kreative Lösungen zu haben. Ich erinnere mich noch gut an die Aktion Kabelbrand.

Beide Dachformen nahm ich mit einem Stück Pappe ab und schnitt die beiden Dachhimmel großzügig aus dem Kunstleder aus.

Ich strich jeweils einen dicken Klebestrich in die Mitte des Daches und eines ausgeschnittenen Kunstleders. An die jeweils vordere Kante kommt auch über die gesamte Breite ein fetter Strich Pattex. Das ist eine echte Fummelarbeit, bis es passt.

Beste Lösung: Den Dachhimmel in der Mitte falten und dann an der vorderen linken Ecke anfangen. Dort andrücken, den Stoff aufklappen und bis zur rechten Ecke ziehen. Sitzt der Stoff links und rechts korrekt? Steht er auch vorn weit genug über, dass man ihn unter die Verkleidung schieben kann? Gut. Jetzt von rechts nach links andrücken.

Jetzt in der Mitte andrücken. Dazu den Stoff ganz nach hinten ziehen und mit der anderen Hand von vorn nach hinten andrücken.

Nun können wir in Ruhe den Stoff von innen nach außen ankleben. Immer eine Lage Kleber auf den Stoff und eine auf dem Himmel. Mit einer alten Kreditkarte die Enden unter die Verkleidung stecken. Sitzt die zu stramm, hebeln wir sie mit einem stabilen Spachtel etwas ab.

Fahrersitz verbessert

Mittlerweile erhielt ich Feedback, dass man den Fahrersitz mittels Polstergurten so verbessern kann, dass er nicht mehr auf der Sitzschale aufliegt. Die ist nämlich meistens zerbrochen, so auch bei mir.

Die Sitzschale versuchte ich noch mit diesen Metallklammern zu retten, die man einschweißen kann, aber das kannste knicken. Das hält keinen Meter. Die einzige Lösung wäre, die Schale mit Glasfasermatten und Epoxy zu retten.

Aber den Sitz verstärkte ich mit dem Polsterband.

Das Ergebnis ist durchaus überzeugend vom Sitzkomfort.

Bei der Gelegenheit habe ich auch gleich die Sitzschienen gereinigt und gefettet und erstmals festgestellt, dass es eine Sitzentriegelung hinten gibt, die nur durch das Loch im Sitz gefallen war. Ich hatte mich bereits gewundert, dass es so ein Ding nicht geben sollte.

Wo ich gerade dabei war, machte die alle Gurte mit Silikonspray wieder gangbarer. Ebenso flutete ich den Scheibenwischerhebel (mit der Scheibenheizung) mit Kontaktspray. Nun funktioniert auch der Scheibenwischer wieder, den der TÜV-Prüfer letztens ruinierte, als er in eine waagerechte Endposition zwang.

Der neue Teppich

Ich besorgte mir einen „echten“ Kunstrasen und schnitt ihn mit dem originalen Teppich als Schablone zurecht.

 

Die Blätter sind nur Deko. Ich wurde vor dem Lidl von einer wildfremden Frau für die Idee mit diesem Kunstrasen bereits gelobt. Sie hat sehr gelacht. Twizys machen die Leute eben glücklich.

Die Außenspiegel

Ich hatte vor einiger Zeit die schwarze Frontblende in Weiß lackiert, weil mir in Kreiseln SUV-Fahrer (meist BMW) direkt in die Augen schauten und mir einfach die Vorfahrt nahmen. Da reduzierte sich durch die weiße Front auf exakt null weitere Vorfälle.

Um den Twizy für eine verbesserte Signalwirkung breiter wirken zu lassen, beschloss ich die Spiegel weiß zu lackieren. Weiß ist verkehrspsychologisch die auffälligste Farbe, las ich einmal.

Ein weiterer Grund ist zudem, dass der alte Außenspiegel total zerbrochen ist, ich ihn bereits repariert hatte, aber mit den Spaltmassen nicht zufrieden war. Für den Test des neu entworfenen Repairkits musste ich ihn ohnehin wieder abmontieren und zerlegen.

Den Lack kaufte ich beim Action Markt. Eigentlich war der weiße Sprühlack in der Vergangenheit richtig, richtig scheiße. Aber so richtig! Es sollte aber seit einiger Zeit eine verbesserte Rezeptur mit erhöhter Deckkraft geben. Das wollte ich ausprobieren. Und tatsächlich! Es reichte für beide Spiegel UND die Frontblende aus! Die wollte ich ohnehin mal neu lackieren, da sie mir einmal beim Bremsflüssigkeitswechsel auf den Boden fiel.

Ja, die neue Farbe passt nicht zum originalen Weiß. Aber das ist ohnehin richtig hässlich. Vermutlich Verkehrsweiß? Die Farbe aus dem Action finde ich hingegen richtig schön.

Schrittweise will ich den Twizy aber ohnehin lackieren. Das Schwarz ist nicht kleidsam. Eine Dose kostet im Action 2,99 EUR, ein durchaus bezahlbares Projekt.

BTW: Im Cockpit ist links die Motorraddaschcam mit der Rückspiegelfunktion und rechts oben das Reifendruckkontrollsystem.

 

Über den Autor

Hessi

Hessi

Michael "Hessi" Heßburg ist ein erfahrener Technik-Enthusiast und ehemaliger Informatiker. Seine Website, die er seit über 25 Jahren betreibt, deckt vielfältige Themen ab, darunter Haus & Garten, Hausrenovierung, IT, 3D-Druck, Retrocomputing und Autoreparatur. Zudem behandelt er gesellschaftspolitische Themen wie Datenschutz und Überwachung. Hessi ist seit 20 Jahren freiberuflicher Autor und bietet in seinem Blog fundierte Einblicke und praktische Tipps. Seine Beiträge sind sorgfältig recherchiert und leicht verständlich, um Leser bei ihren Projekten zu unterstützen.

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