Als Kind hatte ich Anfang der 70er auch so einen Trinkvogel. Ich fand das Ding absolut toll! Und einen Durst hatte der Kollege! Sagenhaft! Aber wieso säuft der eigentlich wie ein Ehegatte zu Vatertag? Schauen wir uns das Spielzeug mal genauer an:
Zwei Kugeln aus Glas, mit einem Röhrchen verbunden.
In der unteren Kugel liegt das Ende des Röhrchens im senkrechten Zustand des Vogels in der Flüssigkeit, am oberen Ende ist das Röhrchen nur außen mit der Kugel verbunden.
Es ist quasi ein kleiner Kolben, der kopfüber in einer Kugel steckt.
Trinkvogel Ruhezustand
Die obere Kugel, quasi der Kolben, ist mit Filz und einem Fortsatz (Schnabel) versehen, der Wasser aufnehmen kann und so den Filzbezug feucht hält.
Der ganze Vogel ist freischwingend aufgehängt und so austariert, dass er senkrecht steht.
Der Glaskörper ist evakuiert, es befindet sich also keine Luft darin. Im inneren ist eine blau gefärbte (früher rote) Flüssigkeit, vermutlich ein Alkohol oder Äther, die sich bei Raumtemperatur nahe am Siedepunkt befindet, also bereits in den dampfförmigen Zustand übergeht.
Es bilden sich keine Blasen, weil der Druck in dem geschlossenen System immer weiter steigt, je mehr Flüssigkeit verdampft. Im gasförmigen Zustand nimmt die Flüssigkeit mehr Raum ein, weil sich die Moleküle durch die aufgenommene Wärmeenergie gegenseitig abstoßen.
Flüssigkeit steigt
Der feuchte Filzkopf entzieht nun beim Verdunsten des Wassers dem oberen Ende des Glaskolbens Energie in Form von Wärme. Im oberen Teil fängt also der Alkohol wieder an Flüssig zu werden, zu kondensieren. Dadurch nimmt er weniger Platz ein und ein Unterdruck entsteht.
In dem geschlossenen System entsteht ein Ungleichgewicht. Unten, bei Raumtemperatur und nahe am Siedepunkt, herrscht ein höherer Druck als oben, wo die Temperatur unter der Raumtemperatur liegt. Der Alkohol ist um einen Druckausgleich bemüht, also steigt der Pegel gegen die Schwerkraft nach oben.
Flüssigkeit steigt weiter
Dadurch kippt der Trinkvogel in eine fast(!) waagerechte Position, das untere Ende der Röhre wird aus der Flüssigkeit gehoben, der Alkohol kann abfließen und der Druckausgleich kann auch über das Gas stattfinden.
Derweil taucht der Schnabel in das Wasser und hält so den Kopf immer feucht und kühl.
Die untere Kugel ist größer und der Vogel ist nicht ganz waagerecht ausgerichtet. Die Flüssigkeit fließt also zum größten Teil wieder in den Bauch des Vogels und er richtet sich senkrecht aus. Das Spiel beginnt von vorne.
YouTube: Wie funktioniert ein Trinkvogel?
Den Vogel kann man starten, in dem ein Druck- bzw. Temperaturunterschied zwischen den beiden Kugeln erzeugt wird. Das kann durch das Anfeuchten des Kopfes passieren, oder dadurch, dass man den Glaskolben mit einem Föhn oder mit der Hand erwärmt.
Beschleunigen lässt sich die Trinkgeschwindigkeit, indem man zum Beispiel Spiritus in das Trinkgefäß gibt. Dieser verdunstet wesentlich schneller als Wasser und entzieht dem Kopf mehr Wärmeenergie.
Es handelt sich nicht um ein Perpetuum Mobile, da der Trinkvorgang in einem geschlossenen System schnell um erliegen kommt. Die Luftfeuchtigkeit steigt dann nämlich rasch an, sodass das Wasser am Kopf nicht mehr verdunsten kann – und so auch keine Wärmeenergie entziehen kann.
Funktioniert Euer Vogel nicht, so müsst Ihr den Glaskolben in der Halterung ein paar Millimeter nach oben schieben. Das Glas sollte nicht deutlich höher als der Fuß des Vogels und so weit mit Wasser gefüllt sein, dass der Schnabel eintauchen kann.