Inhalt:
Wir wollten der Sicherheit wegen selbst nachstellende AAA-Bremsen nachrüsten lassen. Wer glaubt, dass es ähnlich einfach ist herauszufinden welche Bremsen an einem Wohnwagen verbaut wurden, wie es das bei einem Auto ist, der irrt gewaltig. Ihr habt aber mich! Wir finden das schon raus. :-)
Informationsbeschaffung
Wenn wir schon dabei sind, kümmern wir uns auch gleich noch um eine mögliche Auflastung und die zulässigen Rad-/Reifen-Kombinationen. Das alles habe ich in eine Art Erfahrungsbericht gekippt, damit Ihr mal seht, dass es tatsächlich Mühe macht an die nötigen Informationen zu kommen.
Haftungsausschluss
ACHTUNG! NICHT NACHMACHEN!
- Dies ist keine Anleitung!
- Der Artikel dient der persönlichen Dokumentation!
- Dieser Artikel soll nicht die beiliegenden Anleitungen, Einbauhinweise oder Installationsanleitungen ersetzen!
- Dieser Artikel soll einen groben Überblick über die anfallenden Arbeiten ermöglichen.
- Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder gar Korrektheit.
- Hier beschreibe ich, wie ich diese Arbeiten als Laie erledigt habe – nicht, wie man sie korrekt oder nach handwerklichen Standards, Vorschriften oder Gesetzen erledigt.
- Ich lehne jede Verantwortung, Haftung und Gewährleistung ab. Jeder muss selbst wissen, was er macht.
- Einige Arbeiten sind durch Fachfremde nicht zulässig, respektive gesetzwidrig und bedürfen teilweise mindestens der Abnahme durch einen ausgebildeten Berechtigten.
- Einige Handlungen und Arbeiten sind im öffentlichen Bereich (Straßenverkehr, Stromnetz, Luftraum, Internet, etc.) verboten oder verstoßen gegen Lizenzvereinbarungen, was straf- oder zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
- 230 Volt sind tödlich!
- Kein Backup? Kein Mitleid!
- Meine 3D-Modelle sind nur Machbarkeitsstudien, keine geprüften, funktionsfähigen Bauteile.
- Die beschriebenen Tätigkeiten sind in der Folge rein akademischer Natur.
- Bedenke, dass durch Deine Arbeiten Dritte an Leib und Leben gefährdet werden können und Du persönlich dafür haftest.
Mit dem Weiterlesen stimmst Du diesem Haftungsausschluss zu.
AAA-Bremsen
Aus Sicherheitsgründen wollten wir gerne die AAA-Bremsen von Alko haben, die sich selbst nachstellen. Die werden künftig bei Neufahrzeugen sowieso Pflicht.
Wer nicht – wie wir – zu seinem üblichen Caravanhändler fahren will, weil der so einen (Zitat) „neumodischen Scheiß, von dem man nicht weiß, ob der in zwei Jahren überhaupt noch funktioniert“ nicht einbauen will, der sollte besser vorher herausfinden, welche Bremsen verbaut sind.
Wer die Bremsen selbst einbauen will, der benötigt die Ersatzteilnummern sowieso.
Wer die Wohndose bei einer Kfz-Werkstatt reparieren lassen will, der sollte am besten ebenfalls vorher herausfinden, welche Bremsen aktuell verbaut sind. Welche Werkstatt möchte schon tagelang einen riesigen Wohnwagen auf dem Hof stehen haben? Wer will schon mit ggf. defekten Bremsen unnötig zweimal hin und her zur Werkstatt fahren?
Mittlerweile (Stand 2021), gibt es sogar einen Anbieter auf eBay, der den kompletten Umbau zu Festpreis anbietet!
Service der Hersteller
Unser Tabbert Kornett 540 TK, Bj Mai 1997 ist ein prima Beispiel, was so alles nicht nach Schema F laufen kann. Die Achse ist vom Werk aus drin, wurde offiziell aber erst ab 1999 angeboten.
Wow! Hat Tabbert eine Zeitmaschine? Hat ein DeLorean eine Anhängerkupplung?
Ja, nein, das kommt vor, denn offenbar bietet Alko guten Kunden auch mal die neueste Technik vor der Zeit an. Knackpunkt ist nur: andere Achse, andere Bremsen.
Rufe ich nun bei Tabbert an, bekomme ich keinerlei nützliche Antworten. Dolle Show.
Tabbert verweist auf die Händler, die von uns aber mindestens 20 km entfernt sind. Gut, rufen wir da mal an. Der Händler weiß… genau gar nichts! „Oh! Solche Bremsen haben wir ja noch nie verbaut!“. WTF? Der wollte von uns(!) die abgelesenen Daten der Achse und der Bremsen haben. *sic* Ich wollte ihm ja die ganzen schönen Infos auf einmal rüberwachsen lassen, aber… er wollte die nicht haben! Er rief lieber täglich an, um die Daten kleckerweise zu bekommen. Nach einer Woche hatte ich keinen Bock mehr dauernd zurückzurufen.
Na ja, Tabbert ist nun mal mittlerweile mehr Knaus als Tabbert – und das nicht nur in Fragen der Produktqualität.
Blah, blah, blah… ist auch egal warum und wieso… was verzögert denn nun die Fuhre?
Ich schreibe hier über den Worst Case, also das, was Ihr in Erfahrung bringen müsst, wenn Alko die ETI der Achse nicht ausreicht.
Die Achse
Wir legen uns unter den Wohnwagen und suchen an der Achse ein grünes Schild. Bei uns war das links hinten.
Solche Angaben sind, Im Übrigen, immer in Fahrrichtung aus dem Fahrzeug aus gesehen.
(Typenschild Alko)
Das sind die abgelesenen Daten:
BN 20
ETI 811 135 (Ersatzteilidentifikationsnummer, wichtig!)
Typ: Delta SI-N14-1
A: K63811
Die Traglasten sind als Einachser 1.500 kg und als Doppelachser je 1.400 kg.
Schön, die ETI haben wir, das ist ein Anhalt – aber die Alko-Hotline wollte mehr wissen!
Offenbar können da verschiedene Bremsen mit verschiedenen Aufnahmen verbaut worden sein.
Was steht auf dem Bremsschild?
Also kriechen wir zu den Rädern und…
(Bremsschild)
Ja, super, denn auch das können wir uns so sparen, denn dieses Bremsschild ist für die Bremsen „2051″ und(!) für „2051 Ausführung A“ exakt dasselbe. Es könnte tatsächlich auch die einfache Ausführung darunter sein.
Der Look der Bremstrommel sagt auch nichts über die Ausführung aus, denn erst mit einer Modellpflege bekam die „Ausführung A“ größere Kühlrippen spendiert.
Wir sind so schlau wie vorher. *grummel*
Was hilft nun?
Die Gussnummer der Bremstrommeln!
Und die finden wir… auf der Aussenseite! :-(
Das bedeutet, dass wir den Wohnwagen aufbocken müssen.
Wohl dem, der nun einen Wagenheber von Alko oder einen Kojack hat. Damit geht das schnell und sicher.
Radmuttern lösen (nur lösen, nicht abschrauben!)
Hoch mit dem Gerät!
Mit den Stützen und Radkeilen sichern!
Radmuttern entfernen.
Rad weglegen. (legen, nicht stellen!)
(Aufgebockt und gesichert)
(Kojack und Keile)
(Bremstrommel)
(Gussnummer unlesbar)
Die Bremstrommel ist – Überraschung! – mit Kunststoff beschichtet! Da kann man nichts drauf erkennen. Also Akkuschrauber und Drahtbürstenaufsatz her …
(Gussnummer lesbar: 583928)
Wir wissen nun also mehr:
Achse: ETI 811 135
Bremsentyp_ 2051, Ausf. A (Bremsschild)
Bremstrommel: 583 928 (Gussnummer Bremstrommel)
Alles gut, denn Alko sagt uns mit diesen Informationen: „AAA-Bremsen go!“
HURRA! :-)
Die Reifen
Wenn wir schon dabei sind, prüfen wir gleich noch die Reifen und die Möglichkeit einer Auflastung.
Bevor wir die Felge wieder drauftackern und wir nicht mehr das Typenschild lesen können, weil da die Tabbert-Kappe vorsitzt…
Felchnn®:
5/112 Lochkreis
5,5Jx15H2
ET30
Mefro 43315 104
Was sind jetzt für Reifen auf dem Ding?
195/70R15 97T
Aha.
Und im Schein stehen …
205/65 R15 reinf. 99J
Oha.
Na ja, die 195er stehen sicher im Brief, oder?
NEIN! TUN SIE NICHT!
UUARGH!
WTF?!?
Warum ist das so?
Im alten Brief und dem Schein standen noch alle Angaben die nützlich und wichtig waren… also früher mal – bevor sich da ahnungslose Bürokraten ausgetobt hatten.
Tabbert & der Servicegedanke
Wieder ein Anruf bei Tabbert. *sic*
Wieder völlig unmotiviert.
Wieder rein gar nichts erfahren.
Offenbar bin ich nicht lernfähig!
Den Tabbert-Händler angerufen und das Gleiche in Grün erlebt.
Ahnungslosigkeit in deutscher Gründlichkeit!
Danke für die verlorene Lebenszeit!
Die Dekra angerufen, die seinerzeit die 100er-Eintragung vorgenommen hat.
Fehlanzeige, die haben keine Unterlagen.
Nur ne dürre Kopie der Bescheinigung, die ich selbst habe.
Also andersherum…
… auf eine 5,5 Zoll breite Felge passt kein 205er, richtig?
Aber die Felgen sind doch original so vom Werk aus gewesen!?
Was.
Geht.
Hier.
Vor.
Sich.
Ich rufe folglich die Firma an, die am wenigsten von der zulässigen Rad-/Reifen-Kombination wissen sollte, die ja schließlich einzig und allein der Caravan-Hersteller (und sonst niemand!) vorgibt.
Die Firma, die keinen Endkundensupport leisten kann, weil so eine Felge nicht einmal 50 Euro im Handel kostet und die somit groß keine Marge haben.
Der Felgenhersteller Mefro
Vorab:
Ich knie vor denen nieder!
Die sind ebenso nett, freundlich, hilfsbereit und motiviert wie die Leute bei Alko!
So(!) muss Kundendienst!
Der gute Mann schaute einfach in der KBA-Datenbank nach! *taraaa*
Bleiben nur zwei Fragen:
Warum konnte das Tabbert nicht?
Warum konnte das die Dekra nicht?
Letztlich ist das Ende vom Lied:
Ja, 195/70 sind gelistet!
Ja, sogar 185-irgendwas/14 sind ebenfalls zulässig, aber uninteressant. Maxisingles mit hoher Flanke will ich nicht haben.
Die 205er passen wohl auch (ausnahmsweise) auf diese Felge.
Der Kollesch meinte aber, dass ich einfach wieder 195er draufziehen lassen und mir beim nächsten TÜV diese Kombi bescheinigen lassen sollte, damit ich bei einer Kontrolle der Rennleitung keinen Stress bekäme.
Und die Auflastung?
Wir interessierten uns für eine Auflastung.
Die unmotivierte *sic* Tabbert-Hotline:
„Auf wie viel Kilo möchten Sie auflasten?“
„Auf wie viel Kilo wäre es denn möglich?“
„Sie müssen mir sagen, wie viel Kilo Sie haben wollen, wir prüfen das dann.“
„Ja, aber… wenn ich jetzt 1.700 Kilo sage und die Grenze läge bei 1.600 Kilo, ist mir doch nicht geholfen!“
„Ich kann hier nur ein Gewicht eintragen…“
„Ja, dann sage ich mal… 1.800 Kilo?“
Es kam eine Mail:
Das Fahrgestell ist nur bis 1.500 Kilo ausgelegt. Eine Auflastung ist nicht möglich!
Wie jetzt?
Gar keine Auflastmöglichkeit?
Das habe ich noch nie gehört!
Also wieder mit Alko gesprochen.
Ich hörte direkt, wie sich die Augenbrauen des Mitarbeiters hoben.
Er meinte vorsichtig, dass es das fast nie gäbe. Eine Auflastung wäre fast immer möglich.
Der Mitarbeiter äußerte seine Verwunderung: Tabbert hätte für sie die beste Ansprechpartnerin unter den gesamten Wohnwagenherstellern.
Wir können also Tabbert eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Endkundensupport und den Kontakten mit Zulieferern bescheinigen. Aber gut, die Hotline hat auch ihre Vorgaben und so ist es unfair, die Gründe der mangelnden Motivation allein beim Mitarbeiter zu suchen.
Alko hatte aber noch einen guten Tipp für mich:
Vielleicht käme es bei der Hotline auf die Formulierung der Frage an?
Ich solle doch mal nach der Alko-Zeichnungsnummer fragen…
Einige Wochen später also wieder Tabbert *sic* angerufen.
Exakt das gleiche Gespräch mit der „Hotline des Jahres 2016“. *gnnnn*
Nur verlangte ich diesmal eine… oh Schreck!… Alko-Zeichnungsnummer.
Ich wartete gespannt, aber ohne Hoffnung.
Es kam eine Mail mit der Zeichnungsnummer und dem Hinweis, dass wir das Alko-Angebot mit dem Fahrzeugschein an Tabbert schicken sollen.
Oha?
Na also! Geht doch!
Mit der Zeichnungsnummer bekam ich bei Alko die Auskunft, dass ich bis zu 1.800 kg auflasten kann!
Ja, ist denn schon Weihnachten, oder was?
1.600 kg kosten ca. 1.500 EUR. Neue Achse, neue Bremsen, Rahmen verstärken. Klingt gut.
1.800 kg machen mehr Arbeit und schlagen mit etwas um die 4.000 EUR aufs Kontor. Klingt uninteressant.
Und die Moral von der Geschicht‘?
Ich dachte immer, dass der Begriff „Servicewüste Deutschland“ frei erfunden wäre.
Tja, denken, Pferde und so.
Ein Glück gibt es noch Alko und Mefro, die die Fahne der Kundenzufriedenheit hochhalten.
Wie werde ich nun in Zukunft vorgehen, wenn ich Fragen im Bereich Technik bei Wohnwägen oder Wohnmobilen habe? Wie mittlerweile bei fast allem: Man sucht sich die Infos im Internet zusammen, denn gerade im Camping-Bereich sind lokale Händler völlig überfordert und hinken (zumindest hier im Rhein-Main-Gebiet) meist der Zeit hinterher.
Bei den Herstellern ist es nicht besser, denn die sind nur an aktuellen Verkaufszahlen und nicht an langfristiger und teurer Kundenbindung interessiert.
Das wurde mir neulich von einem Fendt-Fahrer auch so bestätigt. Der stand mit seinem drei Jahre alten Fendt beim TÜV und hatte so richtig die Nase voll von dauernden Mängeln an seinem optisch halbwegs modernen Wohnwagen.
Das nächste Mal würde ich Rat in Wohnwagenforen suchen, auch wenn einem dort die Boomer-Generation das Leben nicht gerade leicht machen will. Alte weiße Männer und Fortschritt schließen sich eben aus.
Mein Tipp an Knaus-Tabbert
Wenn man neue Produkte an den Mann bringen möchte, dann sollte man auch Kunden, welche im Besitz Eurer (wenn auch älteren) Fahrzeuge sind, so behandeln, als ob sie diese gerade eben neu erworben hätten. Wenn ich mich aber so umhöre, dann fürchte ich, dass Knaus-Tabbert Kunden mit älteren Wohnwagen herzlich egal sind.
Wo ist dann aber der Unterschied des Premiumherstellers Tabbert zu… sagen wir mal (ohne diese abzuwerten) T.E.C., Adria, Carado oder Sunlight?
Wenn ich nach dem Kauf brauchbare Informationen nur durch die Hersteller der Einzelkomponenten des Fahrzeuges bekomme, kann ich mir die Kohle auch sparen und mir alle paar Jahre eine neue Wohndose kaufen – am besten, bevor der TÜV ansteht. Das ist billiger – und vor allem deutlich stressfreier.
Den Kundendienst auf die Händler abzuwälzen, ist keine vielversprechende Idee, denn am Ende könnte es sein, dass man dort einen neuen Wohnwagen kauft. Vielleicht sogar von einer anderen Marke. Man weiß ja nie, was der Händler dem Kunden so erzählt. Siehe die Erfahrungen mit der Caravanwerkstatt und „dem neumodischen Scheiß“.
Die starren Ablaufpläne bei der Hotline müssen mal dringend überarbeitet werden, denn so führt das nur zu Frust bei Kunden und den eigenen Mitarbeitern. Es ist doch wohl naheliegend, dass ein Kunde nicht angeben muss, wieviel Kilo Auflastung er haben will (er ist kein Techniker und das ist nicht „wünsch-dir-was“), sondern dass der Kunde wissen möchte, was vom Hersteller aus überhaupt möglich ist.
Der Kunde erwartet auch vom Hersteller, dass er sich mit den eigenen Produkten auskennt und nicht auf einen Händler verweist, der keine Anbindung an relevante Datenbanken hat. Outsourcing mag hip sein, aber da ist wohl irgendetwas schiefgelaufen.
Hallo,
Schöner Bericht. Aber wie ist es jetzt mit der Alko AAA Bremse.
Hast Du die selber eingebaut. Würde mich interessieren welchen Drehmomentschlüssel man dafür braucht. Mit meinem ormalen Drehmomentschlüssel (500 nm) komme ich nicht an die Achsstummelschraube ran.
Danke
Gruß
Georg
Hallo Georg,
ich habe die Bremsen von meiner Kfz-Werkstatt des Vertrauens einbauen lassen, da das korrekte Einstellen doch etwas Erfahrung und vor allem am besten eine Hebebühne braucht.
Klaus Klatt, Hainburg – Falls Du aus der Nähe kommst, kann ich Dir diese Werkstatt nur empfehlen.
Tatsächlich bremst sich die Fuhre nun extrem geschmeidig. Hätte ich so gar nicht erwartet. Die AAA-Bremsen sind wirklich sinnvoll. Werden ja auch bald Pflicht bei Neuzulassungen.
Ich hab mich köstlich amüsiert :lol:
sehr gut geschrieben!
MfG
Phil