Man spricht Deutsch

Letztes Jahr waren wir auf einem großen Campingplatz in Venetien. Man spricht Deutsch dort. Und ich merkte mal wieder: Hundebesitzer und Camper gehen mir auf den Sack. Das würde mir eigentlich nicht auffallen. Wenn wir selbst nicht zu diesen Gruppen gehören würden. „Jüngere“ Campingplatznachbarn sind okay. So um die vierzig. *sic*

Campingnachbarn

Die lassen einen in Ruhe.
Kümmern sich um den eigenen Kram.

Aber mit Eintritt in das Rentenalter
– wahlweise bereits mit Auszug der Kinder –
werden alle zu weisen Gurus.
Mit überbordendem Mitteilungsbedürfnis.
Und unterdimensionierter Kontaktscheu…

achtung unfallgefahr
(Vorsicht! Glatteis!)

Männe

Männe residiert den Urlaub hinweg im Klappstuhl.
Unterbrochen nur von Toilettengängen.
Im eigenen Wohnwagen.

Die Waschhäuser sind nicht sauber.
Die Toilettenfrauen sprechen nicht deutsch.
Kennt man ja.

Frau – eigene – ist primär Hausfrau.

Treusorgende Gattin.
Umsorgt die Krone der Schöpfung.

Diese verbringt den Urlaub alkoholisch gut konserviert.
Im besagten Klappsessel.

Unter dem Sonnensegel vor dem Vorzelt.
Man(n) hat es sich verdient.

Frau

Und Frau?
Naja, muss halt.

Beruf?
Ja, früher mal.

Die Kinder und der Haushalt nahmen soviel Zeit in Anspruch.
Muss man verstehen.
Aber jetzt kümmert sie sich sich um Männe.

Eigene Meinung braucht sie keine.
Die vom Männe ist gut genug.

So verbringt sie ihren Urlaub kochend und putzend.

Der viele Sand!
Schlimm!

Aber die Luft, die riecht nach Salz.
Toll.

Noch ein Bier, Vati?

Aba kla, de Pabba nemmt noch aahn!

hausfrau<
(Hausfrau, treusorgend)

Generation Mover

Mann hat nicht viel zu tun.
Kann sich voll auf die neuen Nachbarn konzentrieren.

Gute Tipps beim Aufbau geben.
Aus dem Klappstuhl heraus.

beobachtet
(Männe sieht alles)

Während die eigene Kackbratze an fremde Wohnwagenstützen pinkelt.
„Haha! Der markiert sein Revier!“.

Ja, großartig.

Ich markiere gleich auch was.

Mit dem Gummihammer.

Gesprächsthema Nummer Eins:
„Ihr baut das Vorzelt falsch auf“.

Wer hat das noch nicht gehört?
Wer hat das noch nicht gesagt?

„Ihr hängt die Wäsche falsch auf!“

Tja, die „Generation Mover“ kennt sich halt aus.

Deutschland immer dabei!

In dem Alter ibaut man keine einfachen Sandburgen mehr.

In dem Alter werden
– Zäune
– Hängegeranien
– Gartenzwerge
mit in den Urlaub genommen.

Atlantikwall am Mittelmeer.
Deutsch.
Solide.
Solide deutsch.

Das ist aber nur die Deko.

Die wichtigen Dinge sind:
– Haushaltskühlschrank für das Bier.
– 50″ Fernseher – 3D und Smart
– Sat-Anlage – automatisch justierend.
Versteht sich doch.

Kein Tag ohne RTL & Sat1.
Kein Tag ohne gescriptete Shows.

Erwähnte ich die Bild?

Die gibt es im Campingplatz-Supermarkt.
Da spricht man deutsch!

Man spricht deutsch!
Ha! Welch ein Glück!

Bundesliga – läuft!
Was?
Im Sommer?

Ja, Best-of-Bundesliga von Bluray.
Natürlich auf 50 Zoll.

Deutsches Bier

Ganz wichtig.
Kühl.
Deutsch.
Selbst importiert.
Versteht sich doch.
Kenn man ja.

Man trinkt deutsch.

Die Plörre im Land kann man ja nicht trinken.
Die hier haben keine Ahnung vom Bierbrauen.

„Schatz, bring mal Schnittchen und noch’n Bier!“.
Danke – gerne – wunderbar!

Deutsche Mittelmäßigkeit

Auf der Parzelle steht der silberne Jahreswagen.
Deutsches Mittelklasseauto.

Solide.
Verlässlich.
Repräsentativ.

Finanziert?
Geleast?
Mittelmäßig.

Keine Schutzplane.
Trotz der Pinienzapfen.
Trotz des Harzes.

Sonst sieht man den teuren Wagen nicht.
Wozu hat man den sonst?

reprsentatives auto
(Repräsentative Mittelmäßigkeit)

Man spricht Deutsch

Man verbringt den gesamten Urlaub hier.
Also…
genau hier.

Auf dieser Parzelle.
Der eigenen Parzelle!

Man verlässt den Platz nur, um einzukaufen.
Im nächsten Lidl.
Besser Aldi.

Wie zu Hause.
Nur mit mehr Ausländern vor dem Kassenband.

Bier heißt Bierra.
Kennt man nicht.

Wurst heißt Salsiccia.
Kennt man nicht.

Was für ein Abenteuer!

Schnell wieder zurück auf den Platz.

Da spricht man deutsch.

Da muss man die Leute nicht anschreien.
Da verstehen die einen auch so.
Welch ein Glück!

Hier ist es auch sicher.
Weniger Ausländer.

Eigener Grund und Boden!

Schon der Weg zum Strand ist zu weit.
Da gibt es sowieso nur Sand.

Schlimm, der Sand.
Heiß, der Sand.

Und die Quallen!
Und die Algen!
Nein!

Also sitzt Mann im Klappstuhl.
Lässt den Alkoholpegel langsam ansteigen.

Das Bierkrönchen ist:
Wenn man die Nachbarn kennt.
Seit Jahren kennt.

Zusammen grillen kann.
Zusammen saufen kann.

Man kommt seit 25 Jahren jeden Sommer her.

Auf denselben Platz.
Auf dieselbe Parzelle.
Die eigene Parzelle.

Vor zwei Jahren –Skandal!
Stand jemand schon dort!

Auf der eigenen Parzelle!
Der persönlichen Parzelle!

Aha, Neulinge!
Kein Respekt, diese Leute!

Na ja, Österreicher.
Kennt man ja.

Dabei wissen es die Betreiber sehr genau!
Wer schon immer diese Parzelle hatte!
Die eigene Parzelle!

Diese unzuverlässigen Azuris.
Kennt man ja.

unzuverlaessige azuri
(Fauler Auzuro: Lagotto Romagnolo)

Trink-Fest

Mann trinkt mit den ewig gleichen Leuten.
Das ewig gleiche importierte Bier.

Jedes Jahr.

Und ist stolz darauf.
Und auf sich.
Und auf die Kontinuität!

Drüben stehen Italiener.
Singen laut.
Lachen laut.

Und die Slowenen erst!
Singen laut!
Lachen laut!

Kennt man ja.
Keinen Respekt, diese Leute.

Verlässlich

Der Pöbel im Aldi-Zelt.
Der Pöbel im Luxuscamper.
Der kennt sich hier nicht aus.

Der weiß nicht, wie es läuft.
Kennt man ja.

Egal.
Die sind nächstes Jahr nicht mehr da.

Sind woanders.
Irgendwo.
Kennt man ja.

Man kommt seit 25 Jahren hierher.
Hat alles schon gesehen.
Kennt sich aus.

Das Land interessiert nicht.
Ist man durchgefahren.
Kennt man ja.

Die Leute interessieren nicht.
Sprechen kein Deutsch.
Kennt man ja.

Mobile Dauercamper

Der Unterschied zum Dauercampen in Wanne-Eickel?
Die nächtlichen Stürme!

Die sind schlimm.
Diese Stürme!
Ganz schlimm!

Diese Stürme mit dem Starkregen.

Ja, der Regen.
Der Regen, der ist schlimm.

schlimmer Regen
(Schlimmer Regen)

Und die Hitze.

Ja, die Hitze.
Die Hitze, die ist schlimm.

Aber das Bier?
Das Bier, das ist kalt.
Und aus Deutschland.
Welch ein Glück.
Prost!

schlimme hitze
(Schlimme Hitze!)

Und Ihr?

Wisst Ihr, welche Camper ich meine?

Kennt Ihr ja.

Ach, Ihr seid gerade auch in Jesolo?

Ha! Was für ein Zufall!

Im Abschnitt M?
Wir sind in P!
Platz 10.352!

Nur einen Kilometer weiter!
Quasi Nachbarn…

Man hat sich sicher schon gesehen?

Ihr seid bei uns vorbeigelaufen?
Ach, wie nett!
Ja, ich weiß, das Vorzelt ist falsch aufgebaut…
Nein, das Essen haben wir hier gekauft.
Draußen, im Markt.

Neee, sieht nicht deutsch aus.
Ist einheimisch.

Ja, wir haben Kohletabletten dabei.
Kennt man ja.

Und Bier.
Elektrolyte und so.
Wichtig.

Das Bier kommt von hier.
Kennen wir nicht.

Knallt aber auch.

Ja, wir fahren tatsächlich raus!
Schauen uns die Sehenswürdigkeiten an.
Kennen wir nicht.

Schauen uns das Land an.
Kennen wir nicht.

Sprechen mit den Leuten.
Kennen wir nicht.

Ja, auch bei der Hitze.
Der schlimmen Hitze.

Na, dann bis zum nächsten Jahr!
Hier auf dem Platz?
Dieser Parzelle?
Eher nicht.
Kennen wir ja.

Und passt beim Vorzeltaufbau auf!
Habt Ihr das denn noch nie gemacht?

lagoot romagnolo man spricht deutsch
(Duck und weg!)

Urlaubsimpressionen

Unser Urlaubstagebuch!
Kennt Ihr nicht?
Welch ein Glück.

Über den Autor

Hessi

Hessi

Michael "Hessi" Heßburg ist ein erfahrener Technik-Enthusiast und ehemaliger Informatiker. Seine Website, die er seit über 25 Jahren betreibt, deckt vielfältige Themen ab, darunter Haus & Garten, Hausrenovierung, IT, 3D-Druck, Retrocomputing und Autoreparatur. Zudem behandelt er gesellschaftspolitische Themen wie Datenschutz und Überwachung. Hessi ist seit 20 Jahren freiberuflicher Autor und bietet in seinem Blog fundierte Einblicke und praktische Tipps. Seine Beiträge sind sorgfältig recherchiert und leicht verständlich, um Leser bei ihren Projekten zu unterstützen.

Schreibe einen Kommentar

Ich bin mit der Datenschutzerklärung und der Speicherung meiner eingegebenen Daten einverstanden.