Wie erkenne ich Kreml-Bots?

Ich ĂŒberlegte lange, ob ich diesen Artikel schreiben sollte, denn er kann auch zur Verbesserung der FĂ€higkeiten der vom Kreml gesteuerten Bots und Trolle dienen. Aber ich schreibe hier nichts, was nicht auf der Hand liegen wĂŒrde.

In der aktuellen Lage – Russland marschiert gerade in der Ukraine ein – ist aber eine AufklĂ€rung ĂŒber die Funktionsweisen der bereits lange vorher angelaufenen russischen Desinformationskampagne((„EU: Die Ukraine-Krise hat zu „Sperrfeuer der Desinformation“ gefĂŒhrt“, Damir Fras, RND.de, 28.01.2022)) nach meinem DafĂŒrhalten wichtiger.

Zudem darf ich annehmen, dass auch der Kreml nicht untĂ€tig ist und sich der SchwĂ€chen seines Systems((„Zwölf Stunden am Tag in Putins Sinne“, Felix-Emeric Tota, 19.03.2015, FAZ.net))  sehr wohl bewusst ist. In den ersten Wochen des Krieges haben sich nach meinen Beobachtungen die Bots allerdings auch etwas gewandelt. Sie treten selektiver auf und haben bereits einige Kommentarbereiche komplett aufgegeben, in denen sie nichts reißen konnten. Subjektiv betrachtet scheinen sie auch aggressiver geworden zu sein. Trotzige Russlandverherrlichung und offene Drohungen nach den ersten Widerworten nehmen zu. Eventuell zeigen die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland auch Wirkung und stĂŒrzen die Troll-Armee in eine erneute Krise((Google-Translate: „Schwierigkeiten eines PR-Managers“, Elizaveta Surnacheva, kommersant.ru, 27.04.2015))?

Hauptquartier der Kreml-Bots

Wo sitzen die Kreml-Bots eigentlich? Haben die wirklich ein Hauptquartier? Ja, haben sie! Es ist ein Trollhaus((„Russische Aktivistin zerrt Internet-Trolle an die Öffentlichkeit“, Euronews.de, 18.08.2015)). in St. Petersburg. Dort kann man als normaler Angestellter arbeiten((„Wo leben Trolle? Wie Internet-Provokateure in St. Petersburg arbeiten und wer sie betreibt“, Alexandra Garmazhapova, Novaya Gazeta, 09.09 2013)).

Bot oder Troll?

In der bisherigen Diskussion verschwimmen die Grenzen zwischen Bots und Trollen zunehmend. Als Beobachter ist es auch schwierig zu definieren, ob ein Beitrag von einem Bot((„Wie digitale Dreckschleudern Meinung machen“, Melanie Amann, Horand Knaup, Ann-Katrin MĂŒller, Marcel Rosenbach und Wolf Wiedmann-Schmidt, Spiegel.de, 24.10.2016)) oder von einem Troll verfasst wurde. Vermutlich ist es tatsĂ€chlich eine Mischung aus beidem: Trolle werden beim Formulieren von Texten von kĂŒnstlicher Intelligenz (Bots) unterstĂŒtzt, da Bots leichter erkannt werden können.

Sockenpuppen?

Eine Sockenpuppe((„Sockenpuppe (Netzkultur), Wikipedia.de, abgerufen 11.04.2022)) ist gewissermaßen ein „Troll Deluxe“, ein ĂŒber Jahre aufwendig erarbeitetes Troll-Profil mit echten Followern und handgeschriebenen Texten. Hier zĂ€hlt Klasse statt Masse. Die Operatoren der Sockenpuppe sind der deutschen Sprache in der Regel deutlich mĂ€chtiger. Trolle, Bots und Sockenpuppen fĂŒhren auch gerne miteinander Schein-Diskussionen, um eine Mehrheitsmeinung zu fingieren oder echte User von mehreren Seiten aus zu diskreditieren („Der schreibt das doch immer!“, „Ja, das ist ein NATO-Bot!“)

Wo treten diese Trolle auf?

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Seit ca. 2014, mit der Annexion((„Putin erklĂ€rt nach Annexion: „Die Krim gehört zu Russland“, Archivradio, SWR, 18.03.2014)) der Krim durch Russland, erhöhten sich in den Kommentarsektionen der deutschen Medien die prorussischen Kommentare enorm. LegendĂ€r war seinerzeit das Forum von Spiegel.de (damals noch Spiegel Online, SpOn), das zeitweise kaum mehr zu lesen war. Man bekam vom KopfschĂŒtteln bereits ein Schleudertrauma, in so schlechtem Deutsch waren diese BeitrĂ€ge verfasst. Von den Inhalten fange ich erst gar nicht an.

Die Troll-Armee ĂŒbertrieb dort massiv. Zeitweise mussten die Kommentare sogar auf manuelle PrĂŒfung gestellt werden, was eine vernĂŒnftige Diskussion unter den echten Diskutanten sehr erschwerte. Aber auch das war ein Ziel dieser Trolle: Echte Diskussionen behindern.

Der Spiegel hat seitdem viel getan und unter anderem mittels automatischer Filter einiges in den Griff bekommen. Teilweise werden aber BeitrĂ€ge immer noch false-positiv getaggt und nicht veröffentlicht. Troll-Postings, die mit der Hand statt mit den bekannten Textbausteinen oder einer der sonst ĂŒblichen Anzahl von prorussischen Schlagworten pro Posting verfasst wurden, kommen aber immer noch anstandslos durch.

Zeitgleich wurden auch die Kommentarbereiche der großen deutschen Zeitungen ins Visier genommen, aber im weit geringerem Maße. Man erhoffte sich in der Leserschaft der Foren des Spiegels einfach einen fruchtbareren Boden, galt der Spiegel doch lange Zeit eher als (regierungs-) kritisch und investigativ.

Twitter und Facebook (mittlerweile eher „Rentnerbook“) waren meines Wissens nach die nĂ€chsten großen Stationen der Desinformationskampagne. Hier wurden bevorzugt die Seiten der Nachrichtenportale angegriffen. Ja, ich bin ĂŒberzeugt, dass man von Angriffen sprechen kann. Angriffen auf unsere gesellschaftliche Grundordnung und Demokratie.

Ziele

Teile und herrsche

Das Hauptziel der russischen Bots und Trolle ist die Spaltung((„Zu Beginn der Coronakrise haben wir fast abstruse Falschmeldungen gesehen“, Lutz GĂŒllner, Frederick Rother, Deutschlandfunk, 25.03.2021)) unserer Gesellschaft und Europas, damit man seine geopolitischen Ziele, wie den Überfall auf NachbarlĂ€nder, mit geringerem Widerstand durchfĂŒhren kann. Sie wollen, dass die Politik das Zerrbild aus den Netzwerken als bare MĂŒnze ansieht. TatsĂ€chlich haben sich Politiker und Medien dadurch beeinflussen lassen.

DafĂŒr versuchen sie ein Bild in den sozialen Netzwerken und den öffentlichen Kommentarspalten vom unzufriedenen BĂŒrger zu malen. Das spricht gesellschaftlich abgehĂ€ngte Teile der Gesellschaft an, die Russland nahestehende rechtsliberale Parteien wie die AfD wĂ€hlen sollen. In den USA hat diese Vorgehensweise wunderbar funktioniert. Trump war ungebildet und dumm genug zu glauben, dass er aus eigener Kraft PrĂ€sident wurde. Leider hörten die Kreml-Bots in den USA auch nach dem Wahlkampf nicht auf, ihre Hetzte zu verbreiten und die amerikanische Gesellschaft weiter zu spalten, was im Sturm auf das Capitol mĂŒndete.

Eine kleine Minderheit wird radikalisiert, die Bots machen massiv Stimmung in den asozialen Hetzwerken und gaukeln eine nicht vorhandene Mehrheit von Unzufriedenen vor. Mit diesem nicht vorhandenen Massen im RĂŒcken stĂŒrmten die Spinner das Capitol. Und das war es auch schon. Ende. Keine Revolution, kein Umsturz. Warum? Weil es in der amerikanischen Gesellschaft dafĂŒr keine Mehrheit gab. Nicht mal eine nennenswerte Menge unzufriedener Menschen.

Das versuchen die Russen seit Jahren auch bei uns. Klappt nur nicht so recht in einem Land, deren Bevölkerung fĂŒr die Revolution eine Bahnsteigkarte kaufen will und das die Regierung im Allgemeinen nicht als Gegner sieht. Die Amerikaner misstrauen ihrer Regierung hingegen traditionell.

Allerdings birgt auch die Flutung der Kommentarbereiche die Gefahr, dass die Politik dieses falsche Bild der Stimmung in der Bevölkerung ernst nimmt und ihre Politik darauf ausrichtet. Dieses Zerrbild wird fĂŒr einen Politiker noch bestĂ€tigt, wenn er auf kleineren lokalen Parteiveranstaltungen mit Boomern zu tun hat, die primĂ€res und willfĂ€hriges Ziel der Bot-Armeen sind. In diesem Falle steuern Troll-Armeen tatsĂ€chlich die Politik. Wer daran zweifelt, der sollte einmal eine lokale Veranstaltung einer beliebigen Partei besuchen und auf die WortbeitrĂ€ge Ă€lterer Personen achten.

BestÀtigung der russischen Propaganda

Weiterhin bestĂ€tigt((„Wie die russische Propagandamaschine die LĂŒgen weiterspinnt“, RND/AP, 12.03.2022, RND.de)) die Troll-Armee die LĂŒgen der russischen Regierung, was fĂŒr Menschen mit geringer Medienkompetenz ein in sich stimmiges, glaubwĂŒrdiges Bild eines sich nur verteidigendes Russlands ergibt.

Zur BestĂ€tigung der Propaganda steht im Lastenheft der Bots, anderen eine Russenphobie und Feindseligkeit zu unterstellen((„Wo leben Trolle? Wie Internet-Provokateure in St. Petersburg arbeiten und wer sie betreibt“, Alexandra Garmazhapova, Novaya Gazeta, 09.09 2013)). Wenn man persönlich so angegriffen wird, reagiert man meistens eher auf den Angriff, als auf die darauffolgende Propaganda. Das ist nur menschlich.

Erfolge

Einer der sichtbaren Erfolge der russischen Propaganda sind die Autokonvois((„Autokorso von Putin-Fans in Berlin: Warum Deutschland sie nicht verbieten kann“, Sven Christian Schulz und Hannah Scheiwe, RND.de, 05.04.2022)) fĂŒr den „Frieden“. *sic* Hier vermischen sich echte russlandstĂ€mmige BĂŒrger mit den ĂŒblichen „besorgten BĂŒrgern“, die nun lieber Autofahren, statt spazieren zu gehen. Ein Autokonvoi gaukelt durch den ver(w)endeten Platz mehr Teilnehmer vor, als es tatsĂ€chlich sind. Das freut vorwiegend die russischen Medien, die ĂŒber die UnterstĂŒtzung deutscher BĂŒrger berichten können.

Die zahlenmĂ€ĂŸig mittlerweile ĂŒberlegen angetretenen((„Hunderte bei pro-russischen Demonstrationen“, epd, dpa, ZDF, 10.04.2022, ZDF.de)) Gegendemonstranten kommen zu Fuß und wirken gegen die Masse von Fahrzeugen in der Minderheit.

Die Busunternehmer((„Wer fĂ€hrt die „Querdenker“ durchs Land? Jetzt eskaliert der bizarre Bus-Streit“, Jan Klauth, Welt.de, 11.02.2020)) , die bislang die „SparziergĂ€nger“ bundesweit einsammelten und zu den Demonstrationen karrten, schauen leider in die Röhre. :-)

GrĂŒnde fĂŒr den Erfolg

Leider hat die Kampagne in einigen Bevölkerungsteilen – die sich als „aufgeklĂ€rt“ und „freidenkend“ betrachten, es aber im Gegenteil nicht sind – funktioniert. Siehe meinen Beitrag zu den „SparziergĂ€ngern“.

Die GrĂŒnde liegen in der fehlenden digitalen Schulbildung((„Der Digitalpakt als Chance? Was in den Schulen geschehen muss, damit aus Hardware Medienkompetenz entsteht!“, Priscila Berger und Jens Wolling)), die, wenn sie denn existiert, die Kinder nur in MS Office weiterbildet, nicht aber in Medienkompetenz. Das ĂŒberlĂ€sst man meinen eigenen Erfahrungen nach Rentnern und PensionĂ€ren, die zu Informationsveranstaltungen ĂŒber das Internet, das Finanz- oder das Versicherungswesen eingeladen werden. Die letzteren beiden Bereiche werden nicht immer ganz objektiv vorgetragen, was auf der Hand liegt.

Gerade bei Internetthemen glauben die SpĂ€teinsteiger (die Kinder sind eben keine((„Bitte verzichtet auf den Begriff »digital natives«!“, Philippe Wampfler, Schule Social Media, 12.08.2014)) „Digital Natives“!) diesen ‚alten Leuten‘ kein Wort. Sie tippen wĂ€hrend der Veranstaltung auf ihren Smartphones herum, verstehen dabei aber nicht im Ansatz, wie diese Blackbox, das WWW oder gar das Internet ĂŒberhaupt im Grundprinzip funktionieren.

Ein gefundenes Fressen fĂŒr die Russen-Bots! Diese haben seit dem Überfall auf die Ukraine verstĂ€rkt bei YouTube((„Die Armee der Trolle“, Patrick Gensing, tagesschau.de, 23.03.2022)) Fuß gefasst. Die schlechten Deutschkenntnisse fallen dort ĂŒberhaupt nicht auf, denn etwa 85 Prozent (Achtung, Polemik!) der User beherrschen die deutsche Sprache sowieso nur unzureichend. Wer auf Influencer kritiklos hereinfĂ€llt, dem kann man auch mit Kommentaren einen russischen BĂ€ren aufbinden.

YouTube hat aktuell nicht einmal eine passende Auswahl fĂŒr politische Desinformation in der Meldefunktion fĂŒr Kommentare. Im Gegensatz zum Spiegel ist der weltweit grĂ¶ĂŸte Datensammler, Alphabet, offenbar komplett hilflos, was das Filtern von Kommentaren angeht. Die haben selbst den wirklich ĂŒblen und auffĂ€lligen Sex-Spam nicht unter Kontrolle, geschweige denn politische Desinformationskampagnen.

DafĂŒr haben viele Nutzer Probleme, ganz normale Kommentare zu verfassen((„Fix: YouTube-Kommentar konnte nicht gepostet werden“, kein Autor, OkiDK, abrufen am 11.04.2022)). Oft fĂŒhlen sie sich zensiert und beschuldigen den Kanalinhaber der Zensur und des Mobbings. Dies bestĂ€rkt sie in der falschen Meinung, dass in den „westlichen Medien“ Zensur vorherrscht. Ein unglaublicher Fail von YouTube, respektive dessen Betreibers Alphabet.

Textbausteine

kreml-bot

Ich schaue mir gerade viele Russen-Bots an, die auf News-KanĂ€len, auf sozialen Netzwerken, in den Kommentaren schreiben. Einige sind richtig gut, andere grottenschlecht – und manchmal merkt man den Schichtwechsel, wenn ein neuer Operator den Troll ĂŒbernimmt. Dann Ă€ndert sich die Rechtschreibung zwischen den Antworten urplötzlich. Das BĂŒro hat von 08:00 bis 22.00 Uhr geöffnet. Die Arbeitszeiten der Sockenpuppenspieler gehen von 8.00 bis 16.00, von 10.30 bis 18.30 und von 14.00 bis 22.00 Uhr, wie die Novaya Gazeta berichtete((„Wo leben Trolle? Wie Internet-Provokateure in St. Petersburg arbeiten und wer sie betreibt“, Alexandra Garmazhapova, Novaya Gazeta, 09.09 2013)).

Textbausteine enthalten regelmĂ€ĂŸig die Schlagworte((„Wo leben Trolle? Wie Internet-Provokateure in St. Petersburg arbeiten und wer sie betreibt“, Alexandra Garmazhapova, Novaya Gazeta, 09.09 2013)) NATO, EU, G-20, CIA und USA. Man darf keinesfalls mit solchen Schlagworten antworten, sonst drehen sich die Diskussionen im Kreis. Durchbricht der reale Diskutant diese „Argumentationskette“ des Bots, indem er die Grundlogik der Aussagen anzweifelt, wird das Thema sofort fallen gelassen und mit einem anderen Narrativ geantwortet.

In dem Fall scheint oftmals ein erfahrenerer Operator ĂŒbernehmen zu mĂŒssen, denn dann Ă€ndert sich wieder der Satzbau und die Rechtschreibung. Man muss da auf die Details achten. Das ist wie ein sprachlicher Fingerabdruck.

AuffÀlligkeiten

Sehr auffĂ€llig ist auch ein dauernder Wechsel zwischen Sie und Du im selben Posting, da die Textgeneratoren und Übersetzungstools, wie DeepL, im russischen Probleme mit informeller und formeller Sprache haben, obwohl es die beiden meines Wissens in der russischen Sprache gibt.

Die Textbausteine sind mittlerweile erstaunlich gut geworden, manchmal bin ich nicht sicher, ob die nicht mit einer KI zusammengestellt wurden, die die Postings liest und dann daraufhin automatisch eine Antwort generiert, die ein Operator noch kurz ĂŒberarbeitet.

Wenn ein Sockenpuppen-Operator aufgibt, wird meistens etwas aus der letzten Antwort genommen, zitiert und mit einem Haufen Lachsmilies versehen. Aber gut, das machen auch AfD-WĂ€hler so, wenn ihnen die Argumente ausgehen.

Beispiele fĂŒr durch eine KI generierte Texte

Siehe Dir dazu meinen Artikel ĂŒber Digitale Ghostwriter.

ÜberprĂŒfung

Man sollte auch die Mailbenachrichtigung der sozialen Netzwerke aktivieren, die einem oft den Text der Antwort mitsenden. Ich beobachtete mehrfach, dass die per Mail gesendeten Antworten andere waren, als ich spĂ€ter im Netzwerk lesen konnte. Man wird namentlich mit einer Aussage erwĂ€hnt, die nicht einmal im Ansatz zum Thema passt und auch keinerlei Sinn ergibt. In dem Fall ist der ĂŒberlastete Troll vermutlich bei den Textbausteinen mausgerutscht und bemerkte erst spĂ€ter seinen Fehler. In Facebook kann man, wenn man GlĂŒck hat und die Antwort nur bearbeitet statt gelöscht wurde, ĂŒber die Funktion „Bearbeitet“ das originale Posting lesen.

Verschleierung

Es gibt Paraphrasier-Online-Tools, in denen man Texte eingeben kann und die daraus einen (oder mehrere) neuen Text generieren.

Im Prinzip schiebt man auf der einen Seite eine Dissertation hinein und auf der anderen Seite kommt diese wieder heraus – nur komplett umformuliert.

So arbeiten viele kleine Newsportale, die nur wenige Mitarbeiter haben, damit sie keine Urheberrechtsverletzungen begehen:

Man lĂ€sst die Meldung eines großen Portals automatisch umformulieren und veröffentlicht sie dann als eigenen Artikel.

Das klappt erstaunlich gut, aber auch nicht immer ganz fehlerfrei.

Beispiel gefÀllig?

"Es gibt Online-Interpretationstools, in die Sie Text eingeben und daraus einen
(oder mehrere) neuen Text erstellen können.

Sie fĂŒgen im Grunde einen Aufsatz auf der einen Seite ein und er erscheint auf 
der anderen - nur komplett redigiert.

So arbeiten viele kleine Portale mit nur einer Handvoll Mitarbeitern, um Piraterie zu 
vermeiden: 

Große Portalanzeigen werden automatisch umformatiert und dann in einem eigenen Artikel 
veröffentlicht.

Das funktioniert ĂŒberraschend gut, aber nicht immer fehlerfrei."

Na? Das klingt doch in etwa so holprig und gestelzt, wie man das aus den Kommentaren der Russen-Bots kennt, oder? Aber wir sind uns einig, dass der Sinn derselbe geblieben ist, nicht wahr?

Hufeisen-Theorie

Nicht nur Sahra Wagenknecht((„Wagenknecht gesteht Irrtum ein – „In EinschĂ€tzung von Putins Person leider geirrt“, Luisa Hofmeier, Die Welt, 25.02.2022)) (Die Linke) und Eugen Schmidt((„Putins Propagandist im Bundestag“, Sascha Adamek, Andrea Becker und Silvio Duwe, Kontraste, RBB, 10.03.2022)) (AfD) sind große Putinversteher((„Putinversteher“, Wikipedia.de, abgerufen: 11.04.2022)) . Wir finden folglich in den Kommentarbereichen auch echte Menschen aus den extremen linken und rechtem Spektrum, nicht nur Bots. Diese Leute glauben, dass alle anderen außer Ihnen selbst Faschisten sind.

Die Linken, weil sie schließlich links sind und nicht erkennen wollen, dass in Russland lĂ€ngst Faschisten an der Macht sind. Die Rechten, weil sie sich verfolgt fĂŒhlen und Meinungsfreiheit mit Widerspruchsfreiheit verwechseln.

Beide verfolgen dieselben Ziele: UnterdrĂŒckung Andersdenkender mit Gewalt und Kontrolle ĂŒber die Medien. Der einzige Unterschied ist: Die einen wollen alles verstaatlichen, die anderen alles privatisieren.

Arten von Kremlbots

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Der Putinversteher

Putin will keinen Krieg, er hatte nur keine andere Wahl, um die russische Minderheit in der Ukraine vor Nazis zu retten„. Vor jĂŒdischen Nazis! Klar, Putin kĂ€mpft gegen Nazis. Klingt edel. Aber Moment! Finanziert((„Einflussreich gegen Europa“, Petra Blum, Sebastian Pittelkow, Katja Riedel und Sarah Wippermann (WDR/NDR), tagesschau.de, 24.03.2022)) er nicht die AfD und ist nicht auch „Der dritte Weg„((„DER DRITTE WEG (Der III. Weg)“, Baden-WĂŒrtenberg Landesamt fĂŒr Verfassungsschutz)) eng mit dem Regiment Asov verbunden((„Neonazis aus der Schweiz und Deutschland unterstĂŒtzen KĂ€mpfer in der Ukraine“, Erich Aschwanden, nzz.de, 25.02.2022))? Wenn das keine durch den Verfassungsschutz beobachtete Nazis((„Bundesamt fĂŒr Verfassungsschutz obsiegt vor Verwaltungsgericht Köln gegen die AfD“, Bundesamt fĂŒr Verfassungsschutz, abgerufen: 11.04.2022)) sind, dann weiß ich es nicht.

Der Putinversteher bemĂŒht geschichtliche Vergleiche, die so hinken, dass man schon Mitleid bekommen könnte. Das Baltikum als historischer Teil Russlands ist ein ĂŒbliches Narrativ. Okay, sprechen wir dann mal ĂŒber Königsberg. Was? Darf man nicht ansprechen? Dann ist man ein Nazi? Ah! Ich verstehe! Deutsche Nazis sind böse, russische Nazis, wie Putin, sind die guten Nazis. Weil die ja gegen Nazis sind. Nur nicht gegen sich selbst.

Der Westen ist schuld

Die NATO ist schuld! Ganz klar und logisch. Putin ist in der Ukraine einmarschiert und tötet Zivilisten, weil die NATO ihn nicht mit Respekt behandelt und seine GefĂŒhle verletzt hat. Das sehen tatsĂ€chlich auch viele Russen so. Wie sagte mein verstorbener Stiefvater einmal zu mir: „Michael, halte Dich von den Russen fern, bei denen zĂ€hlt ein Menschenleben nichts!„. Da hatte er leider recht. Im Kreml hat also die Fraktion „Was guggst Du? Ich mach Dich tot!“ das Ruder in der Hand. Danke, lieber Der-Westen-ist-schuld-Bot fĂŒr diese Klarstellung.

Wer sich fragt, ob man als vorgeblich zivilisierter Westler hier vielleicht ĂŒbertreibt, der sollte sich mal Russen-Cam-Videos ansehen. Einfach mal wirken lassen, die Mischung aus ĂŒbersteigerten SelbstwertgefĂŒhl und Alkoholmissbrauch. Ja, ist klar, die netten Verkehrsteilnehmer werden nicht gezeigt. Aber die schiere Masse gibt zu denken. Warum haben eigentlich die Russen seit Jahren immer Dashcams in ihren Fahrzeugen? Aus Selbstschutz vor der Polizei. Warum ich diesen lĂ€cherlichen Dash-Cam-Vergleich ĂŒberhaupt erwĂ€hne? Weil ich den Eindruck habe, dass Putin seine betrunkene Armee in einem alten Lada mit 120 im Berufsverkehr durch eine Stadt rasen lĂ€sst, sich dabei im Recht fĂŒhlt, alle Platz machen mĂŒssen, wir aber wissen, dass das nicht gut fĂŒr ihn enden wird. Er wird auf seinem Egotrip sehr vielen Unschuldigen Leid zufĂŒgen.

Aber auch ich bin ein NATO-Bot. Wusstet Ihr nicht? Die NATO wĂŒrde Bots in den sozialen Medien einsetzen. Warum sollte sie das tun? Sinn wĂŒrde das nur in russischen sozialen Hetzwerken (wie vk.com) ergeben, aber nicht bei uns. Bots sollen immer das System des anderen unterminieren.Trotzdem bin ich ein NATO-Bot. Oder ein Schlafschaf, das der amerikanischen Propaganda glaubt.

Der „Zweifler“

Er ist grundsĂ€tzlich gegen den Krieg 
 Ă€h 
 na ja, so genau sagt er das nicht. Das Wort Krieg benutzt auch er meistens nicht. Er zweifelt die Medien an *sic*, so weit, so alt. Ohne konkret zu werden, fragt er immer ganz naiv, ob hinter dem heimtĂŒckischen Angriff nicht noch etwas anderes stecken könnte. Gibt man ihm Kontra, mutiert er schnell zum Der-Westen-Ist-Schuld-Typ, oder es springt ihm bald solch ein Bot zur Seite.

Der Brunnenvergifter

Malt eine Bedrohungslage auf. Die deutsche Bevölkerung wĂŒrde die GeflĂŒchteten aus der Ukraine bedrohen. Deswegen dĂŒrfe man nicht erzĂ€hlen, wenn man FlĂŒchtlingen hilft, sonst wĂŒrde man selbst auch bedroht werden. Indes wird oft behauptet, dass die ukrainischen FlĂŒchtlinge mit ihren Haustieren nicht „wie FlĂŒchtlinge aussehen wĂŒrden“. Wir resĂŒmieren: Beide Aussagen kommen aus dem gleichen, rechtsgerichteten und demokratiefeindlichen, Lager.

Der Echte

Dann gibt es noch die echten User. In der Regel AfD-WĂ€hler. Kommt nur raus, wenn er glaubt, dass er RĂŒckendeckung durch die Bots und Sockenpuppen aus Russland hat. Hetzt dann wieder gegen die EU (die an allem die Schuld trĂ€gt, aber auch wirklich an allem), gegen Gutmenschen (witzig, er ist doch selbst ein Putin-Gutmensch), gegen „Genderwahn“, die RundfunktgebĂŒhrenabgabe und unsere „korrupten Politiker“.

Mir ist ein wenig unklar, warum Boomer, die den Kalten Krieg miterlebten, die substanzlose Kremll-Hetze wiederholen, die ganz durchsichtig als einziges Ziel die Zersetzung unserer deutschen, gesellschaftlichen Grundordnung und der EuropÀischen Gemeinschaft zum Ziel hat.

BTW: Die Russen, die Chinesen und die USA sind natĂŒrlich allesamt nicht daran interessiert, dass sich Europa zu einer Weltmacht erhebt und eigene Interessen vertritt.

Was „der Echte“ von seiner Hetze hat? Ja, nichts, aber ĂŒber „Geheimwissen“ zu verfĂŒgen und einfach nur „dagegen“ zu sein, das hebt das SelbstwertgefĂŒhl.

Der Zensierte

Eine Unterart des Echten. Er fĂŒhlt sich verfolgt und zensiert, weil seine zusammengestammelten, „kritischen“ SĂ€tze nicht als Kommentar unter Videos in YouTube erscheinen. Nun, das Problem ist seit ĂŒber einem Jahr bekannt und wir Kanalbetreiber können uns immer wieder den Vorwurf von Zensur anhören, wenn jemand seine Jauche nicht unter unseren Videos auskippen kann, weil der YT-Antispam-Algorithmus solche Kommentare nicht zulĂ€sst. Das passiert sogar bei ganz normalen Kommentaren zu einem Video, die keine mehrdeutigen Wörter oder gar Links enthalten. Manches wird durch YoutTube einfach nicht durchgelassen. Im Gegensatz zu den BeitrĂ€gen der Sex-Bots – aber hier weiß man auch nicht, wie viele solcher Postings auf die Kommentarspalten von YouTube sekĂŒndlich einprasseln.

Der echte Troll

Trittbrettfahrer, die es lustig finden, wenn sie Ding wie: „Wir sehen uns in Berlin!“, „Ihr werdet nicht mehr lachen, wenn wir in Berlin Wodka trinken!“ oder „Unsere tschetschenischen Truppen werden Eure Bundeswehr vernichten!“. Okay, hier kann ich nur mutmaßen, dass das deutsche Trolle sind, denn russische Trolle wĂŒrden nichts schreiben, das den Widerstand in der deutschen Bevölkerung wecken wĂŒrde, oder doch? Mit Widerstand haben die Russen schon in der Ukraine genug zu kĂ€mpfen. Die dachten ernsthaft, dass ein Volk, dass sich seine Demokratie selbst erkĂ€mpft hat, freudestrahlend in eine defekte Demokratie wechseln wĂŒrde, deren Gesellschaft von Oligarchen ausgeblutet wird und an dessen Spitze ein grĂ¶ĂŸenwahnsinniger Despot sitzt, der auf Lebenszeit im Amt bleibt.

Gegenwehr

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Normalerweise sollte man Trolle ignorieren. „Do not feed the troll!“ ist seit vielen Jahrzehnten die Devise. Nur fluten die Trolle dann die Kommentarbereiche mit Propaganda, die gerade bei Boomern und Jugendlichen – die nicht gerade mit Medienkompetenz glĂ€nzen – auf fruchtbaren Boden trifft. Warum also doch Gegenwehr? Weil man diese Hetze nicht im Netz stehen lassen sollte. Dieses Gift greift unsere Gesellschaft an.

„Diskutiere niemals mit Trollen, sie ziehen Dich auf ihr Niveau herab und schlagen Dich mit Erfahrung.“ – der originale Spruch meint zwar „Idioten“, aber es passt mit „Trollen“ auch hervorragend. Hier geht es folglich nicht um Diskussion, sondern um Reaktion. Wir mĂŒssen der Zielgruppe der Bots eine klare, demokratische Kante zeigen.

Aber wie reagiert man am besten? Nicht auf eine Diskussion einlassen, die auf deren wirren Thesen basiert. Man merkt doch meistens direkt, worauf das hinauslaufen soll und was die unausgesprochene Grundannahme ist.

Direkt die Wurzel, die falschen Grundannahmen und die falsche Logik angehen!

Beispiele

Putin befreit nur den Donbass, der schon immer zu Russland gehört und in dem die russische Minderheit verfolgt wird!
Warum steht Putin dann vor Kiew und warum hat er das Land nicht lĂ€ngst besetzen können, wenn er nur „befreit“?

Die NATO trÀgt Mitschuld!
Die NATO ist in der Ukraine einmarschiert und begeht Kriegsverbrechen?

Unsere Medien zeichnen ein Zerrbild und verfolgen eine Agenda! Andere Meinungen werden zensiert!
Unsere Medien dĂŒrfen wenigstens einen Angriffskrieg auch Angriffskrieg nennen. Woher haben die eigentlich Ihre Informationen, wenn der Westen doch Medien und das Internet zensiert. Und warum will Russland ein Russnet, wenn es nicht zensiert und zensieren will?

Die USA / Ukraine trainiert rechtsextreme KĂ€mpfer!
Was jetzt? Die rechtsextremen USA / Ukraine? Oder die verweichlichten Homo-Versteher USA / Ukraine?

Putin ist ein Antifaschist!
Putin kÀmpft gegen die Nazis in der Ukraine!
Russland kÀmpft traditionell gegen den Faschismus!
Die Russen sind antifaschistisch? Sie verfolgen aber die Errichtung eines reinrassig Großrussischen Reiches und verfolgen Homosexuelle und Andersdenkende? Moment 
 machen dies Faschisten nicht ebenfalls?
Was Putin und seine AnhÀnger wollen ist das, was Hitler und seine AnhÀnger ebenfalls wollen. Nur eben auf Russisch.
Und wieso unterstĂŒtzt der Antifaschist Putin dann die Neue Rechte in Europa massiv finanziell? Sieht so antifaschistisches Handeln aus?

WĂŒrde bei uns das russische Gas abgestellt werden, wĂŒrden wir im Chaos versinken!
Man muss bereit sein, fĂŒr die Freiheit Europas auch ein paar Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen. Wir sollten Putin dankbar sein, dass er die Energiewende vorantreibt und Europa vereinigt. In wenigen Jahren werden wir nicht mehr von Russland als Energielieferant abhĂ€ngig sein.

Schau Dir das Video aus diesem Link an!
Nein, das machst Du nicht, denn das fĂŒttert den YouTube-Algorithmus, der dieses Video bei vielen Aufrufen fĂŒr relevant hĂ€lt und des automatisch anderen vorschlĂ€gt.

Putin ist zu weich! Er muss hÀrter durchgreifen und die Ukraine und weitere FeindeslÀnder besetzen!
Das ist der Offenbarungseid eines Trolls. Darauf muss man nicht eingehen. Damit diskreditiert sich der Troll selbst.

„Russland ist das Opfer!“, „Ihr seid Russenfeindlich!“
TatsĂ€chlich eines der Hauptziele der russischen Troll-Armee. Das „Opfer“ ĂŒberfĂ€llt ein Nachbarland, ist absolut nachvollziehbar((Hitler, Deutschland, 1939)).

Über den Autor

Hessi

Michael "Hessi" Heßburg ist ein erfahrener Technik-Enthusiast und ehemaliger Informatiker. Seine Website, die er seit ĂŒber 25 Jahren betreibt, deckt vielfĂ€ltige Themen ab, darunter Haus & Garten, Hausrenovierung, IT, 3D-Druck, Retrocomputing und Autoreparatur. Zudem behandelt er gesellschaftspolitische Themen wie Datenschutz und Überwachung. Hessi ist seit 20 Jahren freiberuflicher Autor und bietet in seinem Blog fundierte Einblicke und praktische Tipps. Seine BeitrĂ€ge sind sorgfĂ€ltig recherchiert und leicht verstĂ€ndlich, um Leser bei ihren Projekten zu unterstĂŒtzen.

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