Wie diagnostiziert man AD(H)S im Erwachsenenalter?

Gestern war ich das erste Mal bei einer ADHS-Gemeinschaftspraxis vorstellig. Als alter Sack bin ich nicht deren primäre Zielgruppe, wie sich schnell herauskristallisierte.

ADS bei Erwachsenen?

ADHS kann auch bei Erwachsenen auftreten, wird jedoch häufig übersehen oder falsch diagnostiziert. Häufige Symptome von ADHS bei Erwachsenen:

  • Unaufmerksamkeit: Schwierigkeiten, sich auf Aufgaben oder Gespräche zu konzentrieren, Dinge zu vergessen, Schwierigkeiten, Aufgaben zu organisieren oder Prioritäten zu setzen.
  • Impulsivität: Handeln ohne nachzudenken, Schwierigkeiten, Impulse oder Gefühle zu kontrollieren, sozial unangemessenes Verhalten.
  • Hyperaktivität: innere Unruhe, Schwierigkeiten, stillzusitzen oder sich zu entspannen, Gefühl, ständig unter Strom zu stehen.
  • Beziehungsschwierigkeiten: Schwierigkeiten, Beziehungen aufrechtzuerhalten, Schwierigkeiten, Gespräche zu führen oder auf andere einzugehen.
  • Niedrige Frustrationstoleranz: Schwierigkeiten, mit Frustration umzugehen, Gefühle von Wut oder Überforderung, schnelle Stimmungswechsel.

Die Fragebögen teilen sich daher, für alle Altersgruppen, meist in folgende Hauptgruppen auf:

  • Aufmerksamkeitsstörungen
  • Überaktivität
  • Impulsivität

Typische Fragen an die Eltern sind vermutlich:

  • machte häufig Flüchtigkeitsfehler, achtete auf Details nicht
  • hatte Schwierigkeiten, über einen längeren Zeitraum aufmerksam zu bleiben erhalten
  • hörte oft nicht zu, wenn er angesprochen wurde (verträumt in der Schule oder zu Hause)
  • zappelte oder rutschte auf dem Stuhl herum herum
  • stand oft auf, wenn es sitzen bleiben sollte
  • lief oft herum und kletterte/zappelte übermäßig in Situationen, in denen Ruhe erwartet wurde
  • platzte mit Antworten heraus, bevor die Fragen zu Ende gestellt waren waren
  • hatte Schwierigkeiten warten
  • unterbrach oder störte häufig
  • redete viel
  • folgte nicht, hatte Wutausbrüche

Da kann man gut für Kinder und Jugendliche gebrauchen. Das ist eine einfache Nummer, da die Symptome noch alle ungefiltert auftreten und der Befragte noch nicht die Vergangenheit verklärte.

Aber was ist mit Erwachsenen, die Zeit ihres Lebens undiagnostiziert blieben und daher die unterschiedlichsten Vermeidungsstrategien entwickelten, um „zu funktionieren“ und gesellschaftlich nicht übermäßig aufzufallen?

Diagnose bei Ü50?

Vergiss es. Wie mir gesagt wurde, werden ohnehin keine Medikamente mehr verschrieben, wenn man über 50 ist. Begründung: „Damit hat man keine Erfahrungen.“ Mit der Einstellung würden wir noch in Höhlen wohnen.

Das maximale scheint zu sein, dass man Gruppentherapien verschrieben bekommt. Dann kann man sich gegenseitig bemitleiden. Das ist nicht mein Stil und die Geschichten der anderen belasten mich eher, als dass sie meine eigenen Probleme relativieren.

Zynisch könnte man sich fragen, ob sich Patienten in diesem Alter überhaupt noch lohnen. Wirtschaftlich, wie auch sozialgesellschaftlich.

„Eigen“diagnose ADS

First Things first?
Was? Wie? ADS? Wie kommst Du darauf?
Ich gar nicht. Meine Frau hat als Wissenschaftlerin diese wasserdichte Diagnose völlig frei von persönlichen oder gar innerehelichen Erfahrungen auf rein rationaler Basis getroffen. Hilfreich dabei war, dass sie mehrere Bekannte hat, die an AD(H)S leiden und sich folglich mit den Symptomen auskennen.

Sie fragte mich unter anderem, ob ich dauernd Musik im Kopf hören würde. Welch ebenso absurde wie lächerliche Frage! Musik? Ja, natürlich, so wie jeder andere auch.

Wäre bei ihr nicht so. Die Ärmste benötigt deswegen einen teuren Spotify-Account. Dauernde Stille im Kopf? Das ist ja beängstigend! Wie kann man ohne eine Taktung überhaupt funktionieren?

Wie kann man Schreiben, Handwerken, Gartenarbeit verrichten, ohne Musik zu hören und dabei mit sich selbst das nächste Projekt zu entwerfen? Singletasking? So wie MS-DOS? Krass!

Ich hörte mir diesen Podcast an und … ja … kommt mir fast alles sehr bekannt vor. Nur, dass die gute Frau von einem „langen Leidensweg“ spricht und dabei 25 Jahre jünger als ich ist. Aber Zeit ist bekanntlich relativ. Leiden auch.

Quintessenz: Ich hätte bei mir niemals ADS selbst diagnostiziert. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen.

Praxis Dr. std. Diagnoseverfahren

Aber wie läuft die Diagnose bei einem Facharzt? So wie bei Depressionen auch? Einige Gespräche mit Fachärzten verschiedener Couleur, die sich langsam an die Diagnose herantasten?

Nein. Nicht im Ansatz. Hier läuft es noch wie in den 1960ern, als man noch an die Unfehlbarkeit einer technisch orientierten Medizin glaubte, bei der der Mensch in einzelne Baugruppen unterteilt wurde, die man standardisiert behandeln wollte.

Für die Diagnose benötigt man keine ärztliche Expertise, das läuft bei ADHS-Fachärzten alles über Fragebögen. Hat man es eilig, bezahlt man ca. 120 EUR für einen „computergestützten“ Fragebogen.

Kann man diese Summe nur schlecht aufbringen, muss man eben einige Monate auf einen Termin warten, um die gleichen standardisierten Fragen als Kassenpatient kostenlos zu beantworten.

Als Erstes machte eine Sprechstundenhilfe also mit mir ein Interview. Dauernd kamen Fragen auf, die nicht zu meiner Lebenssituation als Erwerbsminderungsrentner Privatier passten.

Dauernd musste ich sagen, dass sich diese Frage / Problematik in meiner Lebenssituation nicht stellen würde. Die arme Frau entschuldigte sich mehrfach mit dem Hinweis auf ein standardisiertes Testverfahren.

Auch eine schöne Frage: Ob ich von Beziehungen schnell gelangweilt sei?
Puh. Definieren Sie schnell! Als ob es in Beziehungen keine Höhen und Tiefen gäbe.

Mehr als die Hälfte der Fragen sollte ich aber zu meiner Kindheit vor Vollendung des zwölften Lebensjahres beantworten. Das ist jetzt 44 Jahre her … und meine Kindheit war keine Standardkindheit. Aber dazu im nächsten Absatz mehr.

Ob ich oft unruhig zappeln würde. Ich schaue auf meinen rechten Fuß und sage: „Wenn ich mir das so ansehen: ja.

Die ganze Nummer war dermaßen standardisiert, dass sie sich am Ende roboterhaft für meine ehrlichen Antworten bedankte. Ich konnte nicht anders und antwortete: „Woher wollen Sie wissen, dass ich ehrlich war?„.

Wie kann man bei dermaßen offensichtlichen Suggestivfragen überhaupt ehrlich sein? Ob gewollt oder ungewollt.

Letztlich fühlte sich das alles weniger empathisch als ein Gespräch mit ChatGPT an. Von dem bekommt man wenigstens Feedback und auch ungefragt weitere Informationen.

Lasst mal die Chefin ran!

Dann ein Interview mit einer Ärztin, die meine vorherigen Antworten auf ihrem Monitor durchlas, aber irgendwie doch nicht erfasste und erneut stellte. Vorbereitung wird überbewertet.

Oder was es doch die Absicht der Verifikation? Egal, warum, das nervt gehörig und man kommt sich wie auf einem Amt vor, bei dem es keinerlei interne Kommunikation gibt und man nur eine Nummer ist. Sollte man sich so bei einem Arzt fühlen?

Es mag an mir liegen, aber wenn man mich fragt, welche Medikamente ich gegen die diagnostizierte depressiver „Episode“ („Episode“! Ärzte haben doch Humor!) genommen hätte und ich antworte: „Alle Wirkstoffgruppen bis auf Lithium.“, die gute Frau in der winzigsten Handschrift, die ich je sah, „Lithium“ auf ihren analogen Fragebogen kritzelte, und ich sie nicht nur diese eine Mal korrigieren musste, kommen doch Zweifel auf, ob man als Patient überhaupt ernst genommen wird.

Zumal man Lithium wirklich aus gutem Grunde als letzten Wirkstoff verschreibt. Als Facharzt sollte man das doch wissen, oder? Pille vom Raumschiff Enterprise würde wieder irgendwas vom finsteren Mittelalter vor sich hinmurmeln.

Immer wieder Fragen zu meiner Kindheit vor dem zwölften Lebensjahr, die ich schlicht nicht beantworten konnte.

Als ein wenig erinnerungstrübend gab ich an, dass mein Vater meine Mutter anschoss, sowie einen Unbeteiligten und sich selbst erschoss, als ich sieben Jahre alt war. Ich bat um Verständnis, dass ich daher dezent andere Probleme als normale Kinder hatte und daher vielleicht(!) etwas zum Verdrängen neigen würde.

Ob ich als Kind auf Bäume oder Tische geklettert wäre? „Da ich sehr regelorientiert und risikominimierend bin, können wir eine offensichtliche und klassische Hyperaktivität ausschließen.“ Hätte ich mir auch sparen können, den Satz. Auch der Hinweis darauf, dass mein Vater zu seinen Lebzeiten seinen Missmut über mein „unerträgliches Verantwortungsbewusstsein“ bekundete – welches ihm augenscheinlich komplett fehlte – verhallte ungehört.

Ich kann selbst mit den klassischen Idolen der Kinder meiner Generation nichts anfangen. Egal, ob Pipi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga oder Luzie, der Schrecken der Straße: alle deren Streiche waren für mich als Kind nicht lustig, sondern nur grässlich. Anarchie pur! Und wer sollte das Chaos wieder beseitigen?

Ein Beispiel aus jüngster Zeit: Meine Frau schenkte mir zu Weihnachten ein Kartenquartett über Baumängel. Ich schaute es durch und bekam sofort Panik, denn einige der Baumängel kennt man, wenn man ein Haus gebaut und eines saniert hat.

Auch die geschilderten Reaktionen des Bauleiters und der Handwerker mögen für Unbeteiligte lustig sein, aber eben nicht für mich. Für meine Frau absolut unverständlich, dass ich mich nicht freute.

Vermeidungsstrategien

Kann es nicht sein, dass sich die Hyperaktivität nicht so manifestiert, wenn ein Charakterzug eine ausgeprägte Kontrolle und das Einhalten von Regeln ist? Als Selbstschutz und für die persönliche Sicherheit?

Natürlich bricht diese Kontrolle dann auch schlagartig unter hinreichendem Stress zusammen. Im privaten Umfeld führt dies natürlich zu unerfreulichen Reaktionen.

In Situationen, die stärker von sozialer Kontrolle geprägt sind, in denen man „sich benehmen muss“, wie am Arbeitsplatz, führt es zu einer Art innerlichen Kolbenfresser. Eine Situation, in der ein Betroffener schlicht nicht mehr denken kann.

Dies ist alles im standardisierten Testverfahren so nicht vorgesehen. Vermutlich, weil das echte Leben nicht in die Schablonen von Akademikern in der neunten Generation passt und weil die Tests eher für sehr junge Menschen kreiert wurden.

Realitäten? Ich bitte Sie, mein Herr! Wir gehen hier Schritt für Schritt vor. Wissenschaftlich fundiert – soweit es sich mit unserem klinischen Erfahrungsschatz deckt. Wenn Sie vorher aus dem Raster fallen … mein Gott, Kollateralschäden gibt es doch immer. Sie sind dann eben die statistische Unschärfe, die am Ende das Gesamtbild ohnehin nur trüben würde!“ – so stelle ich mir die Rechtfertigung eines Mediziners vor, der diesen Fragebogen zu verantworten hat.

Aber kommt … einen Schenkelklopfer habe ich noch. Der machte mich komplett sprachlos. Ich entsinne mich nicht mehr an den Wortlaut, aber die Quintessenz der Frage war: „Sind Sie von Idioten umgeben?

Eloquent antwortete ich: „Ääääääääähhhhh …. aaaalso …. ähm …“ – ich dachte nur bei mir: diese Frage stellen die doch jetzt nicht wirklich, oder? „Sind sie ein arroganter Psychopath, der sich für schlauer als alle anderen hält?“ Herrgott, was soll ich darauf antworten?

Ich wollte eigentlich mit „Ja! SICHER!“ antworten, gab dann aber nur ein harmloses Beispiel dafür, dass ich gelegentlich in der Situation bin, dass mein Gegenüber ein klein wenig langsamer Situationen erfasst, als ich selbst und ich daher umständlich Basics erläutern muss, was mich ein wenig ungehalten macht.

Oder um es mit der Frau aus dem Podcast zu sagen: „… ich so aggressiv werde, dass ich meinem Gegenüber in die Fresse schlagen wollte.“ (Gedächtnisprotokoll)

Und Peng! Direkt mal fein gelogen! Von wegen Ehrlichkeit beim Interview!

Es ist trotzdem etwas daran, denn meine Frau machte mich darauf aufmerksam: Meistens lache ich vor den anderen Besuchern im Kino über einen Witz oder ich erschrecke mich bei einem Horrorfilm Gruselfilm nicht.

The Ring“ (das US-Remake) war so ein Beispiel. Noch nie in einem Film habe ich im Kino so oft auf die Uhr geschaut. Immer wieder zuckte die gesamte Stuhlreihe nach hinten und ich dachte nur: „Ernsthaft, Leute? Das hat man doch direkt kommen sehen1“

Umgekehrt gibt es aber auch die Situation, dass ich später als die anderen lache, weil ich erst eine möglicherweise vorhandene Mehrdeutigkeit suche, oder doch zusammenzucke, weil ich die Situation im Film aus anderen Blickwinkeln versuche zu betrachten.

Bei Filmen kann ich mich nur schlecht entspannen. Dauernd denke ich darüber noch, was so weit gehen kann, dass ich geistig abschweife und zurückspulen muss.

Grundschulzeugnis

Wir können eine ADHS-Diagnose nur im Kindesalter stellen! Deswegen benötigen wir ihre Grundschulzeugnisse.“ – das sagte die Ärztin zu mir. Ich suchte nach einem Anzeichen von Humor um ihre Mundwinkel, aber da war nichts. Sie meinte das ernst. Absolut ernst!

Alternativ können Sie auch einen Familienfragebogen von jemandem ausfüllen lassen, der Sie vor dem zwölften Lebensjahr kannte. Die Eltern, die Oma …“ Meine Oma würde das sicher machen – wenn sie nicht schon lange tot wäre! Sehe ich so verdammt jung aus, oder kann diese Ärztin tatsächlich nicht Zeiten überschlagen?

Die möchten von mir also entweder ein Grundschulzeugnis oder einen Familienfragebogen sehen, sonst könnten sie keine Diagnose stellen. ADHS könne nur im Kindesalter diagnostiziert werden? Mein real existierendes Ich aus 2023 war dabei wahrlich nur von untergeordnetem Interesse. Kurz vor der Bedeutungslosigkeit, vergleichbar mit unserem Sonnensystem in der Milchstraße oder einem Sandkorn in der Sahara.

Wir wollen das Kind untersuchen! JETZT!“ – ich fühlte mich quasi als Astralkörper und war mit der Situation überfordert, denn ich kam nur in einem SsangYong, und nicht in einem DeLorean mit einem Fluxkondensator zwischen den Sitzen. 🙁

Ich klopfte alle meine Taschen ab, aber Fehlanzeige! Der kleine Hessi war halt schon weg. Seit fünfzig Jahren weg! Aber die Ärzte wollen ihn untersuchen? Surreal! Kafkaesk! Absurd!

Vor fünfzig Jahren gab es in meiner Schule nur Kopfnoten und keinen Fließtext in Zeugnissen. Die Ärztin konnte das kaum glauben. Betragen, Fleiß, Aufmerksamkeit und Ordnung (2, 3, 4, 4 – sofern ich mich recht entsinne).

Die Schulbildung unterschied sich damals außerhalb von Gesamtschulen nur wenig in den Methoden der vorherigen Jahrhundertwende.

Als ob in den 1970ern außer weißen Männern eine andere Bevölkerungsgruppe von Interesse gewesen wäre. Bis 1977 mussten Frauen ihren Ehemann um die Erlaubnis bitten, arbeiten zu dürfen. Wen interessierten damals ernsthaft Kinder? Die hatten zu funktionieren.

Es ist ja auch egal, denn ich wüsste gar nicht, wo diese Zeugnisse sein sollten. Spätestens nach der Scheidung blieben die bei meiner unkooperativen Ex. Ich vermute, die landeten im Altpapier oder wurden zum Anzünden des Kamins verwendet, so wie sie drauf ist.

Ja, ja, ich weiß! Diese Zeugnisse sind wichtig! Die benötigt man das gesamte Leben! Ob beim Führerscheinantrag, der Immatrikulation, der Gewerbeanmeldung, der Schufa oder auch bei jedem Jobwechsel.

Das war auch die erste Frage bei jedem neuen Kunden „Zeigen Sie mir mal Ihre Grundschulzeugnisse, bevor ich Sie an unsere Systeme lasse!“. Ja, dumm gelaufen. Kein Wunder, dass aus mir nichts wurde!

Familienfragebogen

Mein drei Jahre jüngerer und 220 Kilometer entfernter Bruder hat den Bogen für mich ausgefüllt und er konnte pro Fragegruppe maximal je zwei Punkte nur mit „öfter“ und keinen mit „ja, häufig“ ankreuzen.

Ich telefonierte daher vorhin mit der Praxis und habe alle weiteren Termine abgesagt, da sie durch meine unvollständigen Unterlagen und die Angaben zu Verhaltensmustern durch meinen damals neunjährigen Bruders nicht in der Lage sind, ADS zu diagnostizieren, bzw. auszuschließen.

Bitte? Ja! Natürlich! Die Angaben eines Neunjährigen und Grundschulzeugnisse sind die Grundlagen jeder professionellen und wissenschaftlich korrekt durchgeführten Diagnose! Als ich Corona hatte, telefonierte die Ärztin mit ihrer Tochter im Kindergarten, um ihre Meinung zu meinem Fall einzuholen. Das ist Usus bei Medizinern! *sarkasmus*

Don’t let him go!

Sieht sich diese Praxis nun nicht mehr zuständig? Nein, sie könnten ja immer noch eine Depression diagnostizieren, flötet die Dame am Telefon!

Hurra! Ich bin die letzten 19 Jahren gnadenlos erfolglos durch alle Wirkstoffgruppen und Psychotherapien hindurch gestolpert, die „depressive Episoden“ behandeln sollen – aber macht ja nichts!

Immer wieder gab ich an, dass mein Hauptproblem die fehlende Konzentration sei. Immer wieder wurde das gekonnt ignoriert.

Wir können aber gerne wieder von vorn anfangen. Ich stehe absolut auf die Nebenwirkungen der ganzen -prams und -pins. Würde gerne wieder aufgeschwemmt, sexuell desinteressiert und zuckend im Bett liegen. Die menschliche Qualle! Fasching das ganze Jahr über! Ohne Kostüm und Alkohol!

Alle Psychopharmaka, die ich je verschrieben bekam, hatten keinerlei Wirkung auf mich. Ich bekam aber zuverlässig viele der zugesagten Nebenwirkungen. Diese waren nicht eingebildet, denn ich lese niemals die Packungsbeilage vor der Einnahme.

Erstens, weil man das Zeug sonst nicht nehmen würde, wenn man bei klarem Verstand wäre und zweitens, weil ich mir die Nebenwirkungen eben nicht einbilden will.

Auch das Absetzen war jedes Mal ganz einfach:

Entgegen dem Rat der Ärzte nahm ich das Zeug von heute auf morgen einfach nicht mehr. Sodom und Gomorrha! Tod und Teufel! Flammen und Verderben! Siechtum und Fußpilz! Das alles sollte laut der Ärzte bei einem kalten Absetzen passieren. Und bei mir derweil? Nichts. Wie auch, wenn ich die Wirkungen nicht verspürte?

Selbst eine Lorazepam kann ich mit einem Bierchen herunterspülen, ohne einen Effekt zu bemerken, der über den des Alkohols hinausgehen würde.

Bitte? Nach zwei Bier bin ich dun, aber von Lorazepam nicht? Normal ist das nicht. Interessierte das einen Arzt bisher? Nein, null, nada, nichts.

Déjà-vu

Ich würde auch gerne wieder bei einem Neurologen, einem Nachfahren Dr. Eisenbarths, vorstellig werden, der mir erzählt, dass ich in einem halben Jahr geheilt sei!

Geheilt!
Denn wenn alles nichts hilft, gäbe es eben Elektroschocks. Aber leider wolle ich ja nicht mitarbeiten, erzählte er mir fröhlich-aufgeräumt am Ende seines Monologes.

Die Ablehnung begann er zu schreiben, als ich gerade zur Tür hereinkam. Er wandte mir auch ununterbrochen den Rücken zu, während er schrieb. Fraglos würde ich gerne wieder solch eine Konifere (kein Rechtschreibfehler) treffen.

Unvergessen auch der Neurologe, der mit das Austragen von Zeitungen „verschreiben“ wollte. Das hätte er im Studium gemacht.

Oder der andere Neurologe, der mir sein Leid über die Fährnisse des Betreibens eine Praxis klagte. Das war so absurd, dass mir meine damalige Frau nicht glaubte, sodass ich sie das nächste Mal mitnahm. Ihr Kommentar: „Unglaublich!„.

Fangen wir also noch einmal ganz von vorn an. Die acht, neun, zehn Ärzte, Neurologen, Psychologen, Psychiater und Psychotherapeuten haben sicherlich irgendetwas übersehen! Ich habe ja genügend (Lebens-)Zeit, nichts Besseres zu tun und am Ende ist es ja nur eine Arbeitsunfähigkeit und keine echte Erkrankung wie beispielsweise Beinbruch.

Gruppentherapie?

Meine ADS-Symptome sind aber auch schlagartig verschwunden, nachdem mir gesagt wurde, dass man sie in meinem Alter nicht mehr diagnostizieren und medikamentös behandeln könne. Depressionen müssten es folglich sein! Sie hätten ein paar tolle Gruppentherapien im Angebot!

Ja, klar, super! Ich fahre doch gerne hin und zurück drei Stunden über Autobahnen und Landstraßen, um mir die uninteressanten Probleme fremder Menschen anzuhören, die langatmig und tranig vorgetragen werden.

Gerne berate ich auch wieder die Mitpatienten, die sich nach den Sitzungen an mich statt an den moderierenden Psychotherapeuten wandten. Tolles Gefühl, als kompletter Laie planlos mit beiden ungewaschenen Händen in der Seele von Menschen herumwühlen zu sollen, nur weil ich augenscheinlich über mehr Empathie und Interesse an Menschen als der eigentliche Therapeut verfüge.

Danke! Das ist mir alles volle fünf Sterne in der Google-Bewertung des ADS-Arztes wert!

Richtig! Zynismus! Das ist das Einzige, was mir nach all den Jahren noch bleibt. Oder ich gebe ganz auf, wäre einfacher.

Nachwehen

Niemand glaubt es, aber solche Interviews gehen an meine Substanz. Am Abend fuhr ich mit einem Ziehen in der Brust und „Pulsstolpern“ in ein nahegelegenes Krankenhaus. Sagte, dass ich Schmerzen in der Brust hätte, vermutlich psychosomatischer Natur.

EKG, großes Blutbild, diverse Untersuchungen – das übliche Prozedere. Am Ende stellte sich erneut heraus, dass ich wirklich ein Psycho bin, auch wenn das die Ärzte lachend abtaten. Es sei nur eine stressbedingte Gastritis, denn EKG und Blutbild wären Tipp-topp in de Reih.

Dieses Aussetzen, bzw. den zweimal hintereinander erfolgenden Herzschlag hätten alle Menschen, nur würden es die meisten nicht bemerken. Erst, wenn es öfter kommen würde, sollte man es untersuchen. Ich bekomme es, wenn ich mich aufrege, was die Aufregung nicht besser macht. Der menschliche Körper und dessen Psyche sind ein steter Quell neuer, unerfreulicher Vorgänge. Vor allem im Alter.

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Selbsthilfemöglichkeiten

Ich könnte ja die Familienfragebögen selbst ausfüllen und die Zeugnisse mit Gimp erstellen. Das kann, wird und möchte niemand anzweifeln. Nur wird mich das bloß wertvolle (Lebens-) Zeit kosten, wenn ich nach einem mehrmonatigen Test- und Sitzungsmarathon endlich mal Medikamente bekomme und die nicht wirken sollten.

Aber warum sollte ich betrügen? Um eine Diagnose zu bekommen, die mir zusagt? Das ist ja widersinnig und kontraproduktiv.

 

Bildnachweis: von Midjourney erstellen lassen

2 Gedanken zu „Wie diagnostiziert man AD(H)S im Erwachsenenalter?“

  1. Morgens bei einer Tasse Kaffee vor der Arbeit schaue ich schon einmal Frühstücksfernsehen ARD und da war heute Schwerpunkt ADHS bei Erwachsenen, die Beiträge und Links dazu sind bestimmt in der Mediathek zu finden.

    Grüße

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