Restaurierung eines Spielmoduls

Im dritten Teil der Serie polieren wir Spielmodule wieder auf. Sei es, dass das Modul nicht mehr korrekt funktioniert, sei es, dass man es nicht mehr anfassen mag, weil es vor jahrzehntealter Schockolade, vermischt mit Chipsgewürzen und klebriger Cola nur so pappt und man nicht die Keimzelle einer neuen schrecklichen Pandemie werden will.

Ein Nintendo 64 war der neueste Zuwachs in meiner Telespielsammlung. Leider funktionierten einige Module nicht ganz korrekt. Entweder es kam kein Bild mehr nach dem Einschalten, oder die Konsole stürzte mittem im Spiel schlicht ab. Bevor man an die wildesten Ursachen denkt und bereits den Lötkolben vorwärmt, sollte man sich um das Naheliegende kümmern: Die Kontakte.

Zuerst sollte man einen Blick auf die Kontaktfedern im Modulport werfen. Diese Geräte standen oftmals in Kinderzimmern und da wurden dann eben nicht nur die dafür vorgesehenen Module eingesetzt, sondern Bauklötze, Münzen, Benjamin-Blümchen-CDs und Audiokassetten, Knete, etc., p.p. – der Phantasie sind keinerlei Grenzen gesetzt.

Man prüft also auf Fremdkörper und auf verbogene Kontakte. Letztere kann man mit einem Uhrmacherschraubendreher wieder bei biegen. Aber Obacht: ohne Gewalt und seeeehr vorsichtig – wenn eine Feder abbricht, ist das das (finanzielle) Todesurteil für so eine Konsole.

Auf diesem Kollegen klebt irgendwas drauf, von dem ich nicht wissen will, was es ist:


(N64-Modul mit ekligem Belag)

Was tun? Das Modul öffnen? Uuuh! Schlechte Idee, da sich die Schrauben meistens unter dem Label befinden und zudem sind die Module oft noch mit Clipsen gesichert, die sich nur mit Gewalt und einem breiten Schraubendreher öffnen lassen. Das hinterlässt so oder so Spuren.

Wir machen uns locker und schauen mal, was man da machen könnte. Die Kontakte sehen doch noch ganz manierlich aus, oder? Also Kontakspray auf einen breiten Pinsel und mal ein wenig gerieben:


(Pinsel mit Kontaktspray)


(wie neu!)

Na, ist das nicht ein erfreuliches Ergebnis? Alle Mimosen jetzt mal weghören: Ruhig etwas satter das WD40 auftragen und dann das Modul mehrmals kräftig in den Modulschacht der Konsole stecken. Das Zeug soll nicht triefen, nur soviel, dass eben auch noch die Kontaktleiste im Gerät etwas von der Wohltuenden Wirkung des Kontaktsprays hat.

Das gleiche Spiel mit dem Steckplatz für die Erweiterungen:


(Erweiterungsport mit eingestecktem Modul)


(Filigran: Kontaktleisten)


(Sauber: Steckmodul))

Ältere Spielmodule, wie meine Errungenschaft von der Retrobörse, ein Saba Videoplay, tragen überdeutliche Spuren der Zeit. Die Kontakte sind matt und oxidiert, das Modul selber sieht durch die Lagerung im Keller auch nicht gerade schön aus.


(Versifft: Spielmodul)


(Das Grauen im Detail: Staub, Dreck und Schmodder)


(Nicht mehr schön: Kontaktleiste)

Bevor wir nun die fiese Chemie aus der Giftküche holen, benutzen wir einen weichen, keilförmigen Radiergummi aus dem Schulbedarf. Mit diesem entfernen wir leichte Kratzer und andere Ablagerungen am Gehäuse und den Kontakten des Spieles.


(Praktisch: Radierkeil)


(Kommt auch in die Ecken: Radierkeil)


(Wieder glänzend: Kontakte)


(Hässliche Kratzer)


(Fast wie neu: Mit dem Radierer poliert)


(Ominöse Streifen am Modul)


(Wegradiert!)

Sind die groben Kratzer und Macken entfernt, greifen wir zum Kunststoffreiniger und einem Borstenpinseln. Wir bringen den Reiniger mit dem Pinsel auf, achten gerade auf die ganzen Ritzen und Stege, benetzen dabei aber nicht das Label! Dieses reiben wir ggf. gaaanz vorsichtig mit einem leicht feuchten, sauberen Tuch ab.


(Einwirken lassen: Kunststoffreiniger)


(Fast wieder wie neu: Modul)


(Dank Borstenpinsel auch wieder bis in die letzten Ecken sauber)

Das sieht doch wieder fast gut aus, oder? Ja, das Label ist ein Problem, die weissen Stellen sind vergilbt. Aber einige Nächte wiederholte Behandlung mit Wasserstoffperoxid (H2O2) – unbedingt Handschuhe tragen, das Zeug tut weh und entfärbt die Haut richtig gut – und das Ergebnis wird nicht perfekt, aber deutlich besser. Nach meinen Erfahrungen entfärbt H2O2 keine Druckfarben, aber man kann nie wissen. Am besten vorher auf einer Kassette testen, bei der man kein Restaurierungspotential mehr sieht.

Viel Spass!

Alle Bilder des Artikels:
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Über den Autor

Hessi

Hessi

Michael "Hessi" Heßburg ist ein erfahrener Technik-Enthusiast und ehemaliger Informatiker. Seine Website, die er seit über 25 Jahren betreibt, deckt vielfältige Themen ab, darunter Haus & Garten, Hausrenovierung, IT, 3D-Druck, Retrocomputing und Autoreparatur. Zudem behandelt er gesellschaftspolitische Themen wie Datenschutz und Überwachung. Hessi ist seit 20 Jahren freiberuflicher Autor und bietet in seinem Blog fundierte Einblicke und praktische Tipps. Seine Beiträge sind sorgfältig recherchiert und leicht verständlich, um Leser bei ihren Projekten zu unterstützen.

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