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[GASTBREITRAG]
Vorweg: Ich halte nichts von Kryptowährungen. Gründe dafür gibt es mehr als genug, angefangen beim Energieverbrauch. Ehrlich gesagt halte ich auch nichts von Spekulationen jeglicher Art. Ich habe ein tief sitzende Aversion gegen alle Aktionen bei denen Menschen versuchen Geld möglichst aus dem Nichts zu erzeugen. TeDeFi und den TEFI-Token kannte ich erst recht nicht. So kam es, dass mich die beiläufige Frage eines meiner ältesten Freunde im Chat, ob ich denn „Krypto-Kram“ machen würde, mich erst mal zum üblichen Rant ansetzen lassen wollte.
Aber diese Diskussion hatte ich zu oft mit ihm in den letzten Jahren, so blieb es beim „Nein, das weißt du doch“ als Antwort. Ich schob noch den Hinweis nach, dass die einzige Kryptowährung die ich halte, irgendein wohl belangloser Coin namens EMC2 ist, den ich einmal von ihm in einer homöopathischen Dosis geschenkt bekam, als es vor vielen Jahren einen kurzen Hype darum gab. Damit war das Thema auch schon wieder erledigt.
Zumindest dachte ich das. Doch acht Tage später begehe ich einen Fehler, der meine darauffolgende Woche in ungeahnter Weise beeinflussen würde: Meine knappe Antwort „Ja“ auf eine aufpoppende Frage landet bei der falschen Person, nämlich besagtem Freund.
Als Crypto-Millionär auf der Insel
Stunden später, den Fehler hatte ich schon längst bemerkt, schallte mir ein digitales „Ja?“ zurück. Ich klärte den Fehler auf. Da ich zuvor auf seinem Instagram-Kanal ein aktuelles Bild mit der Akropolis im Hintergrund gesehen hatte, fragte ich noch nach, ob er wieder länger in Griechenland weilt, wie so oft in den letzten Jahren – und wie lange es wohl dieses Mal dauern würde. „Hänge in Athen fest, die Fähren streiken. Und dann bleibe ich, bis ich Crypto-Millionär bin.“ Dem offensichtlichen Scherz entgegnete ich entsprechend mit einer Nachfrage, wie lange das denn dauern wird. Um mich kurzzufassen: Es stellte sich schnell raus, dass sein Scherz einen erstaunlich ernsten Hintergrund hatte.
Tatsächlich hatte er in den letzten drei bis vier Wochen die lächerliche Summe von 100 Dollar in irgendeinen Krypto-Mist investiert und durch simples Zocken mit Kursfluktuationen ca. alle drei Tage seine Investition verdoppelt. Er hatte dabei nicht nur einen Gewinn von mehr als 30.000 Dollar gemacht, sondern sich knapp ein Drittel davon auch tatsächlich ausgezahlt. Als jemand, der durch seine Jugend mit Bits und Bytes das Prinzip des exponentiellen Wachstums gleichermaßen mit der Muttermilch aufgenommen hat, werde ich schlagartig hellhörig.
Hätte sein ganzes Geld noch in diesem dubiosen Kryptogedöns gesteckt, dann hätte ich so etwas gedacht wie „Du hast nur, was du wirklich hast.“, aber tatsächlich hat hier alles geklappt und funktionierte auch weiterhin. Er hatte einen Teil des Geldes ganz real und handelte mit dem Rest seines Gewinns dort fröhlich weiter, und zwar nebenbei, während wir uns schrieben. Mein erster Gedanke ist, was immer das ist, es kann unmöglich lange anhalten, egal was irgendwelche Krypto-Nerds vor sich hinschwurbeln. Das kann nur ein Schneeballsystem sein.
Auch er ging davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es einer der unzähligen Scams ist, enorm hoch ist. Nur war er bereits ein realer Gewinner des Systems. $100,- zu verlieren für eine Chance auf exponentielle Vermehrung des Einsatzes? So wie er es getan hatte, könnte doch auch ich einfach die ursprünglichen 100 Dollar herausnehmen, sobald ich einen kleinen Gewinn gemacht habe. Bei exponentiellem Wachstum würde sich der zu erwartende Gewinn nur um ein paar Tage verzögern. Wenn die 100,- weg sind und diese Gefahr sah ich als verdammt hoch an, ist das bei der kleinen Summe noch vertretbar. Einen Teufel würde ich allerdings tun, ernsthaft Geld dort hineinzustecken.
Ich müsste nur eisern sein und kurzfristig alle verfügbare Zeit mit dem Traden verbringen. Weil der Kurs alle 10 Minuten ein Update erfährt, hatte er sich dafür sogar extra den Wecker so gestellt, dass dieser alle 18 Minuten klingelte. So verpasste er keinen Kursstand. Mit anderen Worten: Er hatte seit mehr als drei Wochen keinen richtigen Schlaf gehabt und sollte eigentlich nicht zurechnungsfähig sein.
Das schreckte mich als Selbstständigen mit meinem vollkommen aus jeglicher Bahn geworfenen Schlafverhalten auch nicht wirklich ab. Im Gegenteil, das machte es plausibler, wie er es in kurzer Zeit schaffen konnte, fast alle Gelegenheiten zur Vermehrung des Tokens, der zusätzlich seit Wochen robust heftig am steigen war, zu erwischen.
Das zusätzliche Wachstum betrug immerhin im Schnitt 120 Prozent pro Monat. Was für mich natürlich nach ausgemachtem Blödsinn klang, aber wenn es viele Glaubende gibt, dann kann das schon passieren. Hauptsache ich verpasse den Absprung nicht. Mist! Ich dachte tatsächlich darüber nach, obwohl das gegen meine selbstauferlegten Prinzipien geht.
Recherchen zu TeDeFi
Am nächsten Tag habe ich mir erstmals näher angesehen, um was es dabei gehen soll. Der TEFI-Token des TeDeFi Networks. Aha. Das Ding ist ein Bot für Telegram, das ist ja furchtbar. Auf die Schnelle findet sich was mit Google. Was soll ich sagen, interessiert mich gelinde gesagt einen Scheiß. Warum, wieso, weshalb und wofür? Gelaber. Am Ende wollen sie einfach nur Geld damit verdienen und labern dafür vorher ausgemachten Stuss, ähnlich wie die meisten Berufskünstler, wenn sie leichtgläubigen Trotteln ihre Werke erklären. Also nicht mal wirklich überflogen.
Viel interessanter ist deren Website. Was ist denn das? Spartanisch, aber das ist ja heutzutage schwer angesagt. Möglichst viel Bild und wenig Information, dafür lieber mit großspurigen und leicht verdaulichen Textblöckchen arbeiten. Dazu die obligatorische Roadmap als Grafik.
Für jeden etwas dabei!
Das Team – unglaublich – die Nachnamen auf den Anfangsbuchstaben gekürzt? Sehr dubios!
Die Fotos, für jeden was dabei, vom Nerd und Hipster über Sportlertyp, bis zu Leuten, die ich in einer Shishabar erwarten würde. Startupgedöns eben. Aber das konnte mir egal sein. Wichtiger war: Sind die echt? Ein Impressum gibt es nicht und keinerlei Adressangaben oder gar eine Geschäftsform. Die Links unter den Fotos führen zwar zu irgendwelchen Social-Media-Profilen, aber das heißt noch nichts. Oha, einige Social-Media-Icons sind gar nicht verlinkt.
Unter „Partners“ steht, von wem sie angeblich unterstützt werden. Schön, ich kenne das Krypto-Zeug sowieso nicht, hilft also nicht wirklich weiter. Aber dennoch mal anschauen, dachte ich. Die Links unter den Logos der Supporter führen auf Artikel über das TeDeFi Network, die offenbar allesamt bezahlte Werbeartikel sind. Sehr vertrauenerweckend. Ich ging zwar sowieso mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent aus, dass das mehr als dubios ist, dennoch hätte ich mich natürlich lieber positiv überraschen lassen.
Mein Ansatz war, dass ich gewissermaßen das Prinzip des „Gaming the System“ anwenden wollte, indem ich mich bewusst auf die Wahrscheinlichkeit einlasse, dass hier unredliche Absichten der Personen hinter diesem Projekt vorliegen könnten und versuche das Angebot ausnutzen, solange es noch geht, um dann hoffentlich meinen Gewinn noch rechtzeitig einzusacken, bevor die vielleicht am Ende mit dem Großteil des Geldes der Investoren verschwinden, falls es sich um einen Scam handeln sollte.
Versteuern?
Grundlegend wichtig vor so einer Entscheidung: wie müsste ich eigentlich Gewinne daraus versteuern? Denn ich bin ja kein Betrüger. Aha, okay! Wie private Veräußerungsgeschäfte. Und ausnahmslos alle meine Transaktionen protokollieren. Fein, die Entscheidung war gefallen, ich wollte es machen. Natürlich musste mir mein Freund detailliert erklären, wie ich da überhaupt starte, weil mich das ganze Zeug nicht die Bohne interessiert.
Kryptobetrug?
Vorher fand ich aber noch Zeit mich wie ein Neuland-Trottel auf einer Website zum Thema „Wie erkenne ich Kryptobetrug?“ einzulesen. Was soll ich sagen? TeDeFi hat bei der Warnzeichen-Checklist nach meiner Auffassung jedes Mal einen recht eindeutigen Treffer erzielt. Tatsächlich hat mich das mehr gefreut als abgeschreckt, denn auf mein Gespür scheint noch Verlass zu sein. Ich war sowieso angefixt!
Erst mal musste ich auf Binance, der größte Krypto-Handelsplattform der Welt, Geld einzahlen und das in an den Dollarkurs gekoppelte BUSD umwandeln. Wer sich gruseln will, der sollte vorher den Wikipedia-Artikel über Binance lesen. Ich sage nur, für die USA müssen sie angeblich eine andere Plattform anbieten und SEPA-Transfers sind ihnen nicht mehr gestattet.
Ehrlich gesagt würde ich denen normalerweise mein Geld nur anvertrauen, wenn es gar nicht anders geht. Nicht ohne Grund gibt es den Leitsatz „Not your keys, not your coin!“ Aber es hilft ungemein, wenn man sich zunächst, ähnlich wie bei einem Schwimmbadbesuch, bei Binance abschreckt, bevor man sein Geld ausgerechnet an einen Telegram-Bot transferiert!
Positive Überraschung!
Ich stieg also nun wirklich ein und investierte reales Geld in einen windigen Chatbot unbekannter Herkunft. Hätte man jemand das zwei Tage vorher gesagt, dann hätte ich die Person wohl ausgelacht. Tatsächlich hat mich der Bot aber positiv überrascht. Er sieht zwar aus wie von Dilettanten zusammen gepfuscht, aber er ist angenehm intuitiv und einfach zu bedienen. Für Doofe gewissermaßen. Wobei ich daraus jetzt keine Rückschlüsse auf die Zielgruppe ziehen wollte. Das Traden macht sogar Spaß und kann tatsächlich unterhaltsam und sehr spannend sein.
Bequem kann man stundenlang vor dem Rechner sitzen und vor sich hin traden, der Kurs ändert sich meistens tatsächlich nur alle zehn Minuten. TEFI kaufen und verkaufen kostet keine Gebühren. Die Leute hinter dem TeDeFi Network verdienen am stark steigenden Kurs kräftig mit, da 15 Prozent der limitierten Tokens für das Team reserviert sind. Das Zocken mit den Kursschwankungen funktionierte tatsächlich so effektiv wie erhofft. Schöne neue Welt. Ich ertappte mich beim Gedanken, dass es traumhaft wäre, wenn man so sein Geld verdienen könnte.
Parallelen zum LUB-Token-Scam?
Nebenbei las ich immer wieder in den deutsch und englischsprachigen Telegram-Chats zum Thema, um herauszufinden, ob die das Ganze auch für Fraud halten. Dort wurden von Warnern gerne Vergleiche zum LUB-Token Scam gezogen, der ebenfalls auf einem Telegram Bot basierte und bei dem nach einer vermeintlich erfolgreichen Phase eines Tages keine Auszahlungen mehr erfolgten. Es war in diesen Chat-Gruppen äußerst erschreckend mitzubekommen, wie sehr sich Leute Dinge schönreden können. Denn Warnungen dieser Art werden dort oft gar nicht ernst genommen. Stattdessen glaubt man dann lieber den absurdesten aber positiv klingenden Argumenten, die gegen einen Scam sprechen, hebt die Stimmung mit animierten Memes und schwadroniert von irgendwelchen Hatern, die angeblich aus persönlichen Gründen Gegenstimmung machen wollen. Nichts soll den Geldregen stören.
Gier frisst Hirn?
Dabei sind einige der Indizien für den Ernst der Lage alles andere als Stimmungsmache. Denn es wurden dort auch Screenshots von einem Chat mit BTC-ECHO gezeigt, die zuvor einen von TeDeFi gesponserten Beitrag zurückgezogen hatten, weil die Redaktion Sorge hatte, dass es sich um einen Scam handeln könnte und dies nun erst ausführlich prüfen wollten, bevor der bezahlte Artikel, also die Werbung, wieder online geht. Bis heute ist der Artikel offline.
Ich muss sagen, dass ich es erbärmlich finde, dass die meisten anderen Websites dieser Branche sich offenbar einen Dreck um das Wohlergehen ihrer Leser scheren und lieber Geld mit Anzeigen von auffällig zweifelhaften Anbietern schalten. In dieser Szene gilt offenbar für die meisten Anleger und Medien Gier frisst Hirn und die Moral kommt zuletzt. BTC-ECHO scheint hier zu den positiven Ausnahmen zu gehören.
Zu weiteren Warnungen, die meine innere Alarmglocke anschlugen ließen, gehörte das Gerücht, dass die vom TeDeFi Network angekündigten Anträge auf ein Listing bei CoinMarketCap und CoinGecko angeblich gar nicht gestellt wurden. Dieses Gerücht wurde durch den Screenshot eines Chats mit CoinGecko belegt, später allerdings durch eine bewusst sehr unverbindlich gehaltene Antwort von CoinMarketCap zumindest für CMC widerlegt. Dennoch sagte mir meine Intuition, dass der Termin des Listings ein Zeitpunkt für das potenzielle Ende von TeDeFi sein könnte, falls es sich bei diesem Token tatsächlich um einen Betrug handeln sollte. Zwei Tage später sollte ich herausfinden, wie richtig mein Bauchgefühl war, obwohl ich von der Materie eigentlich keine Ahnung habe.
Auf den zweiten Blick
Zwischendurch hatte ich mich im übermüdeten Zustand ein paar Mal richtig dumm verzockt und dadurch beim Wachstum meiner TEFI-Token versehentlich die Handbremse angezogen. Hinzu kam eine Nachtphase, in der sich einfach keine sinnvolle Möglichkeit zum Handeln anbot. Der Spaß war verflogen und hatte sich in ein lästiges Warten verwandelt.
Gelangweilt fing ich an, mehr über die Macher hinter TeDeFi herausfinden zu wollen. Zuerst widmete ich deren Website einen deutlich intensiveren zweiten Blick. Europa und Kalifornien haben ein strenges Datenschutzgesetz, richtet man sich mit seinen Angeboten an EU-Bürger oder Kalifornier, wie es das TeDeFi Netzwerk nachweislich z. B. durch die deutschsprachige Übersetzung des Telegram-Bots macht, dann muss es einen Link zur Datenschutzvereinbarung geben. Die Seite hat aber keinerlei Datenschutzerklärung, das könnte sofort abgemahnt werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein seriöses Team, dem angeblich auch ein Deutscher angehört, einen derartig fahrlässigen Fehler begeht, der empfindliche Strafen nach sich ziehen kann. Schon gar nicht, nachdem die DSGVO in aller Munde war und Wellen bis in die USA geschlagen hat.
Gleiches gilt für die Seite ihres Hauptunternehmens, das sich P2blockchain nennt. Auch hier, obwohl die Seite sich sogar eindeutig an andere Unternehmen richtet, lässt sich keine Unternehmensform, Adresse, Telefonnummer oder Privacy Policy finden. Immerhin: Auf der TeDeFi-Website befindet sich ein Link zu den TOS im Cookie-Banner. Die Geschäftsbedingungen sind für ein Unternehmen, das finanzielle Transaktionen anbietet, lächerlich kurz gefasst. Ich bin kein Rechtsanwalt, aber ich glaube dennoch beurteilen zu können, dass das nicht ausreichend für solch ein Unternehmen ist.
Die Domains sind bei speziellen Privacy-Anbietern registriert, die die Identität ihrer Auftraggeber schützen sollen. Warum benötigt ein Dienstleister, der seinen potenziellen Kunden Blockchain-Lösungen anbieten möchte, mit Dynadot den gleichen Dienstleister wie Wikileaks, um seine Identität zu verheimlichen?
Wer sind die?
Auf den Linkedin-Profilen des Teams kann man erkennen, dass P2blockchain wahrscheinlich 2018 gegründet wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Domain registriert. Auf der WaybackMachine von archive.org finden sich die ersten archivierten Einträge zu p2pblockchain.org aber erst ab November 2021.
Bei der Suche zu p2pblockchain findet man unter callupcontact.com eine Telefonnummerangabe, sowie mit der 4184 Pike Steet eine Adresse in San Diego, Kalifornien, der Eintrag bezieht sich eindeutig auf p2pblockchain.org. Die angegebene Straße in San Diego existiert allerdings nicht.
Über TeDeFi mangelt es im Netz nicht an Berichterstattung, zumindest könnte man das meinen, aber die meisten Artikel sind als Anzeige markiert, also gekauft. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Generell findet man im Netz zu P2blockchain fast nur kostenlose gehostete Pseudowebseiten, die offenbar dazu dienen, Suchmaschinen mit fast identischen Texten über das Unternehmen zu füttern, die Vertrauen erwecken sollen. Sehr lustig ist die Adressangabe auf einer dieser Seiten: Sesame Street 123, Suite 101, New York.
Die Domain tedefi.com wurde im Juli registriert. Schaut man sich die Twitter Profile des Teams genauer an, dann fällt auf, dass all diese Profile erst im Juni oder Juli 2021 anfingen aktiv zu werden. Also zum Zeitpunkt, als auch die TeDeFi-Domain registriert wurde. Die Profile sind allerdings schon deutlich länger bei Twitter registriert, in mir kam sofort der Gedanke an gekaufte Profile aus dubiosen Quellen für unredliche Zwecke auf.
Bei den Profilen von Artem Shirokov und Jeremy Merrell existiert allerdings jeweils noch ein älterer Tweet mit einem merkwürdigen Text der keinen rechten Sinn ergeben will. Sehr auffällig: Beide Tweets [1] [2] wurden am selben Tag zur fast gleichen Uhrzeit verfasst, dem 6. Februar 2021, kurz nach 02:00. Der Gedanke an einen kurzen Test gekaufter Profile kam mir in den Sinn. Verdächtig ist auch die Aktivität der Profile auf LinkedIn, die jeweils ebenfalls erst vor wenigen Monaten begannen. Das kann man sich alles nicht mehr schönreden.
Niemandem aus dem Team wurde eine Fähigkeit von anderen Personen bestätigt. Die berufliche Laufbahn der Teammitglieder scheint sich auf Universitäten und spätere Selbstständigkeit zu beschränken. Die beiden Ausnahmen sind Jeremy Merrel und Shawn Cassady,
Jeremy gibt als ehemaligen Arbeitgeber eine Tochterfirma von Dell an, die über 10,000 Mitarbeiter verfügt. Sollte das jemand einfach nur behaupten, wäre es recht unwahrscheinlich, dass dieser Fake bei der hohen Anzahl an Mitarbeitern jemals irgendjemanden auffällt.
Lustig ist Shawns ehemaliger Arbeitgeber. Der Brand Designer von TeDeFi war früher drei Jahre lang bei Studio One Twelve als Senior Brand Designer tätig. Der auf seinem Profil verlinkte LinkedIn-Eintrag dieses Unternehmens ist nicht sehr aussagekräftig, tatsächlich findet sich unter der dort angegebenen Adresse ein Haarsalon dieses Namens. Der Link führt über Redirects auf irgendeinen China-Trash. Bleibt zu hoffen, dass der Mann früher bei einem anderen Unternehmen dieses Namens tätig war.
Auch mit Google finde ich über die Mitglieder des Teams im Prinzip nichts, was meine Zweifel entkräften könnte. Zumindest lässt sich keiner der Funde eindeutig einer dieser Personen zuordnen. So findet man z. B. keinen Eintrag, wenn man gezielt nach „Berlin“ und „Marko Schreiner“ sucht. Dieser Name kommt in Verbindung mit Berlin einfach nicht vor.
Es findet sich allerdings ein weiterer Jeremy Merrel, der ebenfalls aus Houston kommt und der auch ein Profil auf LinkedIn hat. Über den gibt es unzählige Einträge, das erschwert die Suche ungemein.
Sebastian V., nun, was den angeht … bei dem hat es wohl nicht für ein Social-Media-Profil gereicht, also gibt es nicht einmal einen Nachnamen für die weitere Recherche. Auf Twitter findet sich übrigens ein User namens p2pblockchain. Sehr aktiv, aber offenbar hat der mit dem Unternehmen P2Pblockchain und TeDeFi rein gar nichts zu tun.
Ich gehe auf Nummer sicher
Obwohl das für mich ganz eindeutig aussieht, war ich nach dieser Recherche dennoch verunsichert. Bin ich etwa zu konservativ, dass ich gerne wissen möchte, bei wem ich da überhaupt Geld investiere? Meinen Einsatz habe ich dann etwas früher abgezogen, als ursprünglich geplant, was reibungslos funktioniert hat. Der Grund für die Eile lag in meiner oben erwähnter Intuition bezüglich des Listings auf CoinMarketCap.
Eine kurze Recherche zum LUB-Token-Scam ergab nämlich, dass damals ungefähr ab dem zu erwartenden Termin für das CMC-Listing alle Auszahlungen ausblieben. Da das Listing des TeDeFi Network kurz bevor stand, befürchtete ich, dass es nun auch so weit sein könnte, falls auch hier tatsächlich etwas nicht stimmen sollte.
Als Spielgeld ließ ich den Gewinn übrigens trotz aller Zweifel im System. Auch bei mir gilt wohl Gier frisst Hirn. Mit nur ca. 35 Dollar dauert es aber deutlich zu lange, um schnell eine lukrative Steigerungsrate meines winzigen Kryptovermögens zu erreichen, sodass sich der Zeitaufwand leider nicht lohnt. Täglich steigt die Wahrscheinlichkeit, dass entweder ein böses Ende folgt oder der Token deutlich weniger profitabel werden könnte. Ich bin wohl ein bis zwei Wochen zu spät eingestiegen.
Außerdem steht mit dem Staking ein nächster Schritt bevor, der ideal wäre, um sich mit dem Geld aus dem Staub zu machen.
Panik bricht aus!
Wenige Stunden nachdem ich meinen ursprünglichen Einsatz gesichert hatte, brach richtig Panik in den TeDeFi-Chats aus, weil die Auszahlungen ausblieben und der Support stundenlang nicht reagierte. Da ich mit eigenen Augen sehen wollte, dass der Ernstfall eingetreten ist, habe ausprobiert, ob es mir gelingt mein restliches Geld abzuziehen. Natürlich ging das auch bei mir nicht. Keine Frage, dass ich all meine Zweifel bestätigt sah und mein Glück nicht fassen konnte, in letzter Minute mein Geld gerettet zu haben. Eine Aktion wie aus dem Bilderbuch. Aber meinen Gewinn nun tatsächlich verloren zu haben, das hinterließ ein schales Gefühl in mir, obwohl diese Möglichkeit als Variante zu meinem Plan gehörte.
Auszahlungen verzögert
Der TeDeFi-Support meldete sich am Folgetag in den Telegram-Chats bat um Geduld und behauptete, die Auszahlungen wären wegen Wartungsarbeiten im Zuge der Vorbereitung des Stakings verzögert, würden nun abgearbeitet und nach und nach alle ausgezahlt. Ich hielt das für eine reine Hinhaltetaktik, war aber verwundert, dass die sich überhaupt noch die Mühe machen, sich bei ihren vermeintlichen Opfern zu melden. Als die Ersten im Chat berichteten, dass bei ihnen die Auszahlung angekommen ist, habe ich es weiterhin bezweifelt. Denn das könnten alles auch gefakte Profile sein. Als auch bei mir in Binance der Eingang tatsächlich erfolgte hob ich fasziniert meine linke Augenbraue und starrte ungläubig auf mein Postfach.
Die inzwischen erfolgten Auszahlungen überzeugen mich trotzdem nicht. Zur Strategie eines guten Betrugs gehört es seine Opfer mit Tricks in Sicherheit zu wiegen. Ein guter Betrüger würde genau das machen. Eine kurze Panik auslösen, die sich schnell auflöst, weil sie unberechtigt war. Dadurch steigt das Vertrauen, denn nach einem heftigen Schreck wirkt sogar einfaches Wort halten vertrauensbildend. Für amüsante, grandios dreiste Betrugsstrategien, empfehle ich die Serien Sneaky Pete und Better Call Saul anzusehen. Dafür habe ich leider keine Zeit, denn natürlich habe ich die 35 Dollar sofort wieder beim Tedefi-Bot eingezahlt, bin ja angefixt und Gier frisst Hirn.
Fazit
Es bleibt spannend: wann, wie und ob? Ich kann jedem natürlich nur raten, von so einem Kram die Finger zu lassen, außer man will sie sich verbrennen. Ist das TeDeFi Network nun ein Scam oder nicht? Die Antwort darauf muss sich zum jetzigen Zeitpunkt jeder selber geben. Aber wie es auch ausgeht, entweder sind sie ein unfassbar unseriös auftretendes Team, das gegen viele fundamentale Regeln verstößt oder sie sind verdammt schlechte Betrüger. Wie auch immer, sie sollten sich bei ihrem öffentlichen Auftritt mehr Mühe geben. Obwohl es dennoch in beiden Fällen erstaunlich gut für sie zu laufen scheint.
Sorry aber der erste Abschnitt zeigt schon das Du absolut null Ahnung von der Materie hast. Und wenn man von etwas keine Ahnung hat, sollte man auch nicht darüber schreiben oder sich zumindest vorher ein solides Grundwissen aneignen…
Vielen Dank für Deine eloquente und erhellende Argumentationskette mit vielen neuen Informationen zu diesem Themenkomplex, sowie der präzisen inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Artikel und der Widerlegung der Recherchen des Autors. Dir auch ein frohes neues Jahr.
Jetzt, nach dem Rug Pull, würdest du dir deinen Kommentar aber wohl doch sparen?
Würde er nicht, denn er _will_ glauben. In der heutigen Zeit sind Fakten unwichtig. Was zählt, ist die gefühlte Wahrheit und der unerschütterliche Glaube. Man ist Teil einer kleinen, „wissenden“ Elite. Fehler gesteht man auf keinen Fall ein.
So, nun haben die alles abgeschaltet. Tedefi.com wird nicht einmal mehr aufgelöst(!), was sehr, sehr seltsam ist. Die Profile auf Twitter und Linkedin wurden auch gelöscht.
Die ersten Betroffenen erstellen Selbsthilfe- und Beweissammlungsgruppen auf Telegram.
Wieso holt man nicht im Vorfeld Infos über die Hintermänner ein, bevor man IRGENDWEM (wirklich irgendwem) echtes Geld übergibt?
Aber klar, „der kleine Bruder“ wusste nicht, wovon er da schreibt. Wie viel Geld hast Du Experte denn verloren? :-)
BTW: Deren Website ist in der Waybackmachine erstaunlich gut konserviert: https://web.archive.org/web/20211124222718/https://tedefi.com/
Es gibt eine… äh… Selbsthilfegruppe auf Telegram.
https://t.me/TeDeFi_Scam_Group
Dort sollen laut Gruppenbeschreibung „Beweise“ gesammelt werden. Mal abgesehen davon, dass das im Nachhinein schlecht möglich ist, gibt es dort drei Lager:
Admins und Realisten: Ihr seid alle selbst schuld, aber auch die Influencer müssen zur Rechenschaft gezogen werden!
User 1: Ruft Hacker und Anonymous! Interpol! Cyberpol! Die Mainzelmännchen! Anzeigen! Hochprofessioneller Scam, den selbst wir Experten nicht erkennen konnten! Und hört auf zu lügen, dass Ihr das vorher wusstet!
User 2: Wir sind selbst daran schuld! Schützt die Influencer!
Die beiden letzten Gruppen sind oftmals nicht fähig einen kurzen deutschen Satz inhaltlich und grammatikalisch verständlich zu formulieren.
Der o. a. Link zur Waybackmaschine wurde dort geteilt und dazu gesagt, dass es Hackern gelang, diese Site wiederherzustellen. Viele der Leute wissen nicht genug von diesem Neuland, um sich eine Meinung bilden zu können – was sie aber nicht davon abhält, diese als „Wahrheit“ herauszuposaunen.
Die wollen dort auch nicht lesen, dass sie aus vielen verschiedenen Richtungen gewarnt wurden und die Warnenden auch in den Gruppen beschimpften, dass sie keine Ahnung hätten. Die stecken sich die Finger in die Ohren und sagen dauernd laut: „ANZEIGE! ANZEIGE! ANZEIGE!“.
Man stellt sich als frisch über den Tisch gezogener hin und leugnet immer noch hartnäckig eigene Fehler. Willkommen im 2022!
Die verlangen alle Hilfe – also am liebsten ihr Geld zurück.
Aber das ist gar nicht weg!
Das hat nun nur irgendjemand anderes. :-D
Einen Teil davon haben vermutlich die Inluencer, die für die unreflektierte Werbung von den Machern direkt oder indirekt bezahlt wurden. „Aber die haben doch selbst Geld verloren!“ Nicht so viel, wie die Werbung eingebracht hat, aber hey… *krokodilstränen*
Dass diese Leute jetzt auch noch „Hilfe“ anbieten wollen, ist schon sehr schräg. Vorher löschten die immer wieder warnende Kommentare, denn die sind ja geschäftsschädigend.
BTW: Der Sinn der Gruppe erschließt sich mir nicht, aber unterhaltsam ist es alle Male. :-D
Wer nun glaubt, er könne die Verluste von der Steuer absetzen (das wird in der Telegram-Gruppe tatsächlich so empfohlen), der sollte sich vorher diesen Artikel durchlesen:
https://www.vlh.de/kaufen-investieren/abgeltungssteuer/schneeballsystem-steuern-auch-auf-scheingewinne-faellig.html
Ich kann jetzt auch nicht empfehlen, die Scheingewinne nicht dem Finanzamt zu melden, denn das wäre ein Aufruf zu einer Straftat. Ja, Steuerhinterziehung ist eine Straftat.
Also das heißt im schlimmsten Fall: Das Geld weg und auf die nicht ausgezahlten Gewinne müsst Ihr auch noch Steuern zahlen.
Wenn Sie aufgrund einer gefälschten digitalen Investition belogen wurden und Geld verloren haben, wenden Sie sich bitte an JOLLXXXXXXXXXXX. Ich wurde von einer Scheinfirma um 84.000 Euro betrogen. XXX. JOLLXXXXXXXXX XXX HAT MIR GEHOLFEN, MEIN GELD ZURÜCKZUNEHMEN. Sie können sie auf Google suchen, wenn Sie dasselbe durchgehen.
Anmerkung von Hessi:
LOL! Nun versuchen weitere Scammer die Scammer-Opfer abzurippen! Unglaublich, aber mit denen kann man es augenscheinlich machen, denn die sind schlicht zu gutgläubig. Niemand kann Euch die Kohle zurückbringen, primär keine windigen Websitebetreiber, die es nötig haben Kommentarspam in schlechtem Deutsch unter passenden Artikeln zu platzieren. RUMSCHREIEN geht gar nicht, denn wer schreit, der lügt. Also Leudies: Fall nicht auf so einen Mist rein. Die Kohle ist ja nicht weg, die hat nun nur jemand anderes – und die seht ihr nicht mehr wieder.
Wenn Ihr Eure persönlichen Daten dort eingebt, dann gute Nacht! Schaut Euch doch mal die Site an! Die „Kundenbewertungen“ sind alle seltsam gleich und die Bilder sehen verdächtig so aus, als ob sie entweder Stockphotos wären oder aus sozialen Netzwerken „ausgeliehen“ wurden. Dann noch „TrustPilot“ unter diese Lobpreisungen zu setzten, ohne zu Trustpilot zu verlinken, das kann man nur mit leichtgläubigen Scammer-Opfern machen.
Ach ja: Wenn Ihr in der Telegram-TeDeFi-Selbsthilfegruppe seid und Einladungen für jeden freigeschaltet habt, dann werdet Ihr zu jeder Menge anderer Scammer-Gruppen wie „Kraken Kryptowährung“ eingeladen. Diese Gruppen sind auch voller Fakepostings von Jubelpersern, die allesamt innerhalb von Tagen steinreich wurden.
Wie mehrfach gesagt: Leute, seit nicht blöd und glaubt nicht jeden Scheiss in diesem Internet. Ich habe manchmal den Eindruck, dass gerade für die Digital Natives das Internet Neuland ist. Wir, die wir von Mailboxen über das Usenet bis zum WWW die Entwicklung und die Auswüchse in Echtzeit miterlebten, haben es vielleicht einfacher.