Was Unitymedia grundsätzlich falsch macht

Liebes Unitymedia-Team,

sehen Sie mich doch nicht als unzufriedenen Kunden an, sondern als Mediator, denn ich möchte Ihnen kurz erläutern, warum es keine gute Idee ist, immer nur die eigenen Interessen durchsetzen zu wollen, wenn Sie auch ganz leicht und ohne weiteren Aufwand auf Ihre Kunden zugehen könnten.

Gleiches gilt auch für den VATM: verkaufen Sie sich doch als Wahrer der Kundeninteressen. Kein Mensch mag die „Ich will aber!“-Einstellung.

Seit diesem Sommer kann man auch Ihre Connectbox endlich in den Bridge-Mode schalten, und so einen beliebigen eigenen Router einsetzen, der nicht einmal über ein Kabelmodem verfügen muss. Das ist sehr löblich.

Leider versäumten Sie es dabei, dem Kunden auch die Freiheit über die Telefonie zu geben. Wir leben im 21. Jahrhundert und Sie schreiben dem Kunden vor, dass er über ein Telefonkabel *sic* ein analoges *sic* Telefon an Ihre Connectbox anzuschließen hat. Sie geben die VoIP-Zugangsdaten nicht heraus. Ich darf zitieren: „In der Situation ist es nicht vorgesehen dass wir dafür SIP-Daten bereit haben.“

Kundschaft stört nur den Geschäftsbetrieb

Lassen Sie mich kurz erläutern, dass Ihrer Aussage keine technische oder rechtliche Notwendigkeit zugrunde liegt und wie Sie die eigenen und die Interessen der Kunden gleichzeitig befriedigen könnten.

Das FTEG spricht vom „passiven Übergabepunkt“ als Grenze, also grob vereinfacht gesagt von einer Anschlussdose. Das aktuelle Positionspapier des VATM möchte gerne die „Routerfreiheit“ wieder aufheben und gibt dafür an, dass die Providernetze durch private Router/Modems gestört werden könnten. Dies ist – gerade im Bereich der Kabelnetzwerke – nicht einmal abwegig, obwohl natürlich auch ein privates Kabelmodem dem Netzbetreiber technisch bedingt den Zugriff auf seine Konfiguration gewährleisten muss.

Warum aber nur hop oder top?

Lassen Sie uns kurz die Lage  zusammenfassen:

1.) Seit dem 01. August 2016 gilt in Deutschland die „Routerfreiheit“. Dies bedeutet die Freiheit, Telekommunikationsendgeräte nach Wahl direkt oder indirekt einzusetzen. Das Wort „Router“ wird vor allem durch die Presse verwendet, ist aber schlicht falsch.

2.) Ein Router ist kein Modem. Ein Router ist ein Gerät, welches den Netzwerkverkehr zwischen verschiedenen Netzwerken steuert.
3.) Sie bieten keinen klassischen, analogen Festnetzanschluss an, sondern einen VoIP-Telefonie-Anschluss.
4.) Auch für die Telefonie gelten TKG und FTEG, welche nicht zwischen „Daten“ und „Telefonie“ unterscheiden, sondern nur von „Telekommunikationsnetzen“ sprechen.
5.) Der VoIP-(VoC)-Verbindungsaufbau erfolgt über den Layer 3 und ist folglich ist die Aufgabe eines Routers, nicht eines Modems.
6.) Die Telefonie ist daher auch prinzipiell für einem Router hinter der Connectbox erreichbar.
Dann soll der Kunde eben eine Fritz!Box mieten oder eine eigene kaufen!
Eine Fritzbox Cable beherrscht keine Telefonie über VoC – im Gegensatz zur Connectbox – sie beherrscht nur SIP. Wenn Sie eine private FirtzBox Cable provisionieren würden, müssten Sie folglich den „Telefonanschluss“ ebenfalls von VoC auf SIP umstellen.
Auch mit einem eigenen Router, dem die Connectbox als Kabelmodem dient, ist Unitymedia über die MAC-Adresse der Connectbox in der Lage Geotargeting durchzusetzen. Darüber hinaus hätten Sie, wie vom VATM gefordert, immer noch die volle Kontrolle über die Connectbox und damit über den aktiven Übergabepunkt.
Positionspapier des VATM
Als Kabelnetzbetreiber sind Sie, wie im Positionspapier des VATM gefordert, an einem eigenen Netzabschlusspunkt interessiert. Diesem haben Sie in unserem Fall mit der Connectbox als Modem und können damit die Störungsfreiheit Ihres Kabelnetzes gewährleisten.
Sie haben interne Vorgaben, die einen (wenn auch kleinen Teil) Ihrer Kunden unzufrieden macht. Folgen Sie doch den Argumenten Ihres eigenen Verbandes VATM und sogen mit einem Providermodem oder -router (der sich bedingungslos in den Bridge-Mode schalten lässt) für die Störungsfreiheit in Ihrem Kabelnetzwerk, aber geben Sie gem. FTEG dem Kunden die Wahlfreiheit, welche Geräte er in seinem privaten Netzwerk einsetzt. Das bedeutet auch die Herausgabe der SIP-Anmeldedaten für VoIP.

Sie müssten noch nicht einmal auf Teile Ihres eigenen, deutschlandweiten WLAN-Netzes verzichten, wenn Sie die Connectbox (oder den Vodafone-Router) auch im Bridge-Mode als Unitymedia-Hotspot einsetzen würden. Die Alternative ist doch nur, dass der Kunde sich einen Cable-Router oder – Modem kauft und Sie dadurch diese Option völlig verlieren.

Die Nerds und Internetaktivisten bedrohen unser Geschäft!

Ich bin weder ein Gegner Ihrer deutschlandweiten Hotspots, noch ein Gegner von Provider-Modems. Ganz im Gegenteil, denn diese sind Grundvoraussetzungen für Ihr Geschäftsmodell und für die Kundenzufriedenheit.

In Zeit von Smarthomes und dem IoT sollten Sie allerdings auch das Bedürfnis der Kunden verstehen, der sich um die Sicherheit seines privaten Netzwerks Sorgen macht und Dritten keinen Zugriff darauf gestatten möchte.

Sie werden nun argumentieren, dass das die absolute Masse Ihrer Kunden überhaupt nicht betrifft und Sie sich den erhöhten Supportaufwand durch falsche Konfiguration auf der Kundenseite sparen wollen. Die meisten User haben Probleme mit Netzausfällen, die Sie nicht einmal mit eigenen Ihren eigenen „Telekommunikationsendgeräten“ in den Griff bekommen. Interne Erhebungen mögen eine andere Sprache sprechen, aber gerade „der Pöbel“ macht in den sozialen Medien, Internetforen und auf Telekommunikationsportalen den meisten Krach.

Sie sollten aber auch bedenken, dass Sie dadurch beim nächsten Sicherheitsproblem eines Providerrouters wieder schlechte Presse bekommen.

Schlechte Presse

Vielleicht nehmen Sie sich ein Beispiel an 1&1, die mit kundenunfreundlichen Regelungen vor einigen Jahren gezwungen wurden, eine teure Kundenzufriedenheitskampagne zu starten. Sparen Sie sich doch die Kosten für die Werbung und lenken Sie frühzeitig gegen. Unitymedia dürfte unbestritten den schlechtesten Ruf unter den großen Telkos haben. Sie haben tatsächlich bereits Ihren Service versucht zu verbessern, hinken aber den Mitbewerbern immer noch weit hinterher.

Sehen Sie sich doch bitte einmal den Unterschied zwischen „Telekom hilf“ auf Facebook und Ihren Präsenzen dort an. Ihre Mitarbeiter reagieren erst nach 24 Stunden auf Anfragen. Und selbst auch dann nur (wie im Chat in Ihrem Kundenbereich) meist nur mit Textbausteinen. Glauben Sie, das würden die Kunden nicht bemerken?

Mir persönlich bringt das Schreiben dieser Zeilen rein gar nichts. Wir haben ohnehin gekündigt, nachdem uns in Ihrem Supportforum ganz deutlich gesagt wurde, dass Sie nichts an diesen internen Regeln ändern würden. Ihre Mitbewerber geben die SIP-Anmeldedaten auch ungefragt an den Kunden weiter. Warum sind Sie dazu nicht in der Lage?

 

Zur Erheiterung hier ein Screenschot der Mail, die mir Unitymedia schickte. Das Logo ist sehr dezent, nicht wahr? hätten die ruhig noch größer machen sollen.

Ich habe da auch nichts geschwärzt, das kam so „zensiert“ an. Habe nur die Daten meiner Frau, auf die der Anschluss läuft „geweißt“. Schwarze Schrift auf schwarzem Grund. Einmal mit Profis arbeiten… *seufz*
Im geschwärzten Bereich steht eigentlich:

„Falls Sie weitere Fragen haben, stehen ich und meine Kollegen Ihnen gerne zur Verfügung.
Sie erreichen uns unter der Rufnummer 0221 466 191 00.

Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche! „

Über den Autor

Hessi

Hessi

Michael "Hessi" Heßburg ist ein erfahrener Technik-Enthusiast und ehemaliger Informatiker. Seine Website, die er seit über 25 Jahren betreibt, deckt vielfältige Themen ab, darunter Haus & Garten, Hausrenovierung, IT, 3D-Druck, Retrocomputing und Autoreparatur. Zudem behandelt er gesellschaftspolitische Themen wie Datenschutz und Überwachung. Hessi ist seit 20 Jahren freiberuflicher Autor und bietet in seinem Blog fundierte Einblicke und praktische Tipps. Seine Beiträge sind sorgfältig recherchiert und leicht verständlich, um Leser bei ihren Projekten zu unterstützen.

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