Die Spielkonsole ist tot!

Zumindest wenn man den Argumenten Trip Hawkins auf Gamestar folgen mag. Er sieht die „allgegenwĂ€rtigen Spiele“ auf MobilgerĂ€ten als die Zukunft der Spieleindustrie an. Hier ein PlĂ€doyer fĂŒr gute Computer- und Videospiele.

Keine neuen Aussagen
Die Konsole wurde schon zig Mal zu Grabe getragen. Erstmals mit dem Videospielcrash 1983. Die Tage der PC-Spieler, bzw. des PCs an sich sind gezĂ€hlt, aber auch nur, weil der PC fĂŒr Otto-Normalverbraucher kaum einen Mehrwert zu einem MobilgerĂ€t oder zur Konsole bietet. Zum surfen, Browsergames „spielen“, Youtube-Videos und „lustige“ Powerpoint-PrĂ€sentationen schauen braucht man sicher keinen PC (mehr).

Gemeinsam statt einsam
Die Aussage des 4Players Artikels mag vielleicht fĂŒr die Playstation gelten, die keinen wirklich guten Mehrspielermodus bietet, bei der man mit Taschenlampen vor einer Kamera rumhampelt. Wie es besser geht zeigen Microsoft und Nintendo. Ich meine damit auch keinen Online-Mehrspieler-Modus, sondern das Erlebnis das Spiel gemeinsam vor und mit der Konsole zu spielen. Selbst wenn ich die hundertste Runde Mario-Kart mit Paolo aus Brasilien gespielt habe, so kenne ich ihn nicht, weiss nicht einmal, ob er nicht in Wirklichkeit nur ein Computergegner ist.

Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass spĂ€ter mal Familien mit ihren Handhelds auf dem Sofa sitzen, auf einen 3″ Schirm schielen und gemeinsam irgendwas spielen. Gemeinsam einsam, oder wie? Deswegen ist Nintendo ja mit vermeintlicher Uralt-Hardware so erfolgreich – und deren primĂ€re Zielgruppe sind sicher nicht die im Artikel erwĂ€hnten „Hardcoregamer“.

Konsolen sind unter Druck, keine Frage!
NatĂŒrlich steht der Konsolenmarkt unter Druck und wenn die Hersteller die Konsolen nicht immer wieder neu erfinden, sondern ihre Konkurrenz in den MobilgerĂ€ten sehen, wird der Markt Probleme bekommen. Immer fettere Grafik und Leistung haben sich ja als Sackgasse erwiesen. Bei der Vorstellung von PS3 und Xbox 360 waren nur die erwĂ€hnten Hardcoregamer begeistert. Alle anderen zuckten mit den Achseln.

HochgezĂŒchtete Konsolen wurden mit kaum einer Gewinnmarge (wenn ĂŒberhaupt, siehe Xbox 1) verkauft, wohingegen sich Nintendo nachts in den Schlaf lachen musste, hatten die doch mit einem etwas aufgebrezelten Gamecube einen echten Hit gelandet: Eine Konsole die Eltern und Großeltern ihren Kindern mit gutem Gewissen schenken konnten, denn diese sassen ja nun nicht mehr passiv vor dem Fernseher, sondern zappelten wild fuchtelnd vor ihm her und verbrannten so Unmengen von Kalorien. Und der absolute BrĂŒller war, dass Eltern und Großeltern erstmals mitspielten!

Big N hat genau in die Kerbe gehauen, die die Kinder von Ihren Eltern seit 40 Jahren immer wieder vorgehalten bekommen: „Geh raus und bewege Dich mal!“.

Spielemarkt wÀchst enorm, auch keine Frage!
Wetten, Sony und MS werden in die neuen Konsolen 3D einbauen? Bei dem schrecklichen 3D-Hype ein logischer Schritt, der auf Handhelds mit den winzigen Displays einfach keinen rechten Sinn machen wĂŒrde. Zielgruppe sind da dann aber ganz sicher die erwĂ€hnten „Hardcoregamer“.

Der Spielemarkt wird insgesamt enorm zulegen, aber wohl nicht so auf Kosten der Konsolen, als dass die dadurch in der Existenz bedroht wĂŒrden. Die AbsĂ€tze von Konsolenspielen werden stagnieren, eventuell etwas verlieren, aber nicht einbrechen. Einzelne Buchhalter wĂŒrden vielleicht sagen, dass nur 20% der Produkte fĂŒr den Konsolenmarkt hergestellt wĂŒrden und das man sich aus diesem Bereich zurĂŒckziehen sollte. Was dann aber passieren wĂŒrde, wird vermutlich an Leo Apotheker und Hewlett Packard erinnern.

Konsolen werden die deutlich komplexeren Spiele bieten. Was kann man auf Handhelds denn spielen? Solche „tollen“ Sachen wie Angry Birds, Doodle Jump & Co. Das sind alles „Spiele“ fĂŒr Leute, die keine Spiele spielen, Ă€hnlich wie Farmville. Legenden werden auch kĂŒnftig auf Konsolen laufen, 79 Cent-„Spiele“ auf Handhelds, da diese auch nur den kleinsten gemeinsamen Nenner an Hardware nutzen können, wollen sie nicht eine Konfigurationsorgie wie auf dem PC mitbringen.

Und der PC?
FrĂŒher war ich begeisterter LAN-Party-GĂ€nger. Das gemeinsame Spiel mit einer kleinen, ĂŒberschaubaren Anzahl von Mitspielern ist immer noch ein ungeschlagener Spass. Wenn man dem Gegner ein bösartiges Lachen oder einen bösen Blick rĂŒberwerfen kann, macht das einfach Laune. Zuhause, online vor dem PC fehlt die soziale Komponente. Mit besser werdender KI merkt man gar nicht mehr, ob der Mitspieler oder der Gegner ein Mensch aus Fleisch und Blut ist.

Weiterhin fragt sich der PC-Spieler warum er fĂŒr einen guten Gamer-PC 1.200,- EUR ausgeben muss, wenn der in einem halben Jahr nicht mal mehr zur Mittelklasse zĂ€hlt. Eine Konsole ist einfach wirtschaftlicher. Ebenso fragt man sich, warum man sich einen leistungsfĂ€higen PC zum spielen zulegt, wenn die Spiele doch nur billige Ports von den Konsolen sind und keine bessere Grafik bieten?

Das gleiche kann den Konsole passieren: Die Hersteller sind so geil auf Gewinne und die Entwickler so desinteressiert ein gutes Spiel zu entwickeln, dass auf den Konsolen ebenfalls nur noch billige Ports von Einfachstspielen der MobilgerÀte veröffentlicht werden.

Persönlich bin ich ein „Ego-Shooter“, der solche Spiele auf Konsolen einfach nur lĂ€cherlich findet. Bevor ich das auf einer Konsole spiele, lasse ich es lieber ganz sein. Call of Duty auf einer Konsole hat eher etwas von Moorhuhn als von einem Spiel, bei dem man auch zielen können und komplexe Bewegungen ausfĂŒhren muss, um zum Ziel zu gelangen. Aber meint Trip Hawkins wirklich richtige Spiele, wenn er vom Spielemarkt redet?

Schöne, neue Zukunft?
AllgegenwĂ€rtige Spiele werden die Spiele entwerten. Trip meint, dass die Leute bequem wĂ€ren und Spiele lieber im Browser und auf dem Mobiltelefon – auch an der Arbeit oder in der U-Bahn! – spielen wĂŒrden. Ein Computer- oder Videospiel zu spielen wĂ€re dann keine Entspannung mehr, sondern eine Pflicht, bzw. eine Sucht. Vielleicht ist das ein Umstand, der von den Publishern gerne in Kauf genommen wird?

Ich kann unterwegs Rotwein wie ein Obdachloser aus einem Tetrapak vom Aldi saufen oder aber abends gemĂŒtlich im Wohnzimmer eine gute Flasche Rotwein öffnen und diese in Ruhe und bewusst geniessen. Am nĂ€chsten Tag werde ich mit einem LĂ€cheln an eines der Highlights der Woche denken und nicht von einem billigen, schnellen VergnĂŒgen Kopfschmerzen haben. Daher wird es auch immer richtige Spiele auf dedizierten Konsolen geben.

Fazit
Tetrapak-Wein, Browsergames und allgegenwÀrtige Mobil-Spiele werden auch ihre Daseinsberechtigung haben, aber von den Leuten als das empfunden werden, was sie sind: billig.

Über den Autor

Hessi

Michael "Hessi" Heßburg ist ein erfahrener Technik-Enthusiast und ehemaliger Informatiker. Seine Website, die er seit ĂŒber 25 Jahren betreibt, deckt vielfĂ€ltige Themen ab, darunter Haus & Garten, Hausrenovierung, IT, 3D-Druck, Retrocomputing und Autoreparatur. Zudem behandelt er gesellschaftspolitische Themen wie Datenschutz und Überwachung. Hessi ist seit 20 Jahren freiberuflicher Autor und bietet in seinem Blog fundierte Einblicke und praktische Tipps. Seine BeitrĂ€ge sind sorgfĂ€ltig recherchiert und leicht verstĂ€ndlich, um Leser bei ihren Projekten zu unterstĂŒtzen.

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