Tod eines C64-Desktops

De Holscher™ hat ja einenCeVi in Desktop-Bauweise inner Bucht geschossen. Eigentlich sollte das eine Auspack-Story werden, aber da de Holscher™ seit Wochen rumnervte, dass er seine eigene, externe CeVi-Tastatur nicht zum laufen bekommt, meinte ich, dass wir den neuen Kasten zerlegen und nachsehen, wie der Typ das seinerzeit gemacht hatte. Gute Idee – im Prinzip, oder?

Bei jeder weiteren Schraube, mit der wir dem Geheimnis der externen Tatstatur näher kamen, jammerte Holscher™ immer lauter. Das sei keine gute Idee, das Ding ist so verbaut, er wüsste net, wo die Schrauben nachher alle hin kämen, etc. pp.
Fürchterlich!

Gut, er hatte ja recht, das ganze hatte den Charme eines 3D-Rätsels, Schwierigkeitsstufe FSK 18+. Interessant war, dass überall metrische Schrauben verbaut wurden, diese aber eher aus jahrelanger Gewohnheit hielten. Bei näherer Betrachtung entdeckte ich, dass der Erbauer dieses handwerklichen Kleinods sogar Gewinde in das Metall geschnitten hatte. Wow! Das Stahlblech des Industriegehäuses hielt die Schrauben teils ja noch einigermaßen, aber dieses dünne Weißblech (oder Alu?)… ich weiß ja net… also da habe ich den Kindern das Schulbrot schon in stabilere Folie gepackt… Kurzum, das Gerät wurde nur von Gewohnheit und den allgegenwärtigen Staubmäusen zusammengehalten.

Was sage ich denn da? Staubmäuse?
Verzeiht!
Es gab auch Staubkäfer, Staubschlangen, Staubwälder, sowie ausgewachsene Staubratten! De Holscher™ musste dann auch prompt mal drüber pusten. Super. Wir haben eine halbe Stunde lang geröchelt wie die Kohlekumpel in Frührente. Scheiße, kann man sich davon was holen? Bestimmt! Und Lungenkrebs wäre da noch die glimpflichere Folge! Vogel-, Schweine,- und Hamstergrippen sind ein Scheißdreck gegen C64-Bazillen!

Vorher wären wir aber ganz sicher an der eher rustikalen Elektrik dahingeschieden und hätten damit das gesamte Viertel in stundenlange Dunkelheit getaucht. Überall gelöstes, jahrzehntealtes Isolierband aus dem Baumarkt, wackelige Lüsterklemmen und mit Heißkleber(!) „fixierte“ Kabel.

Man stelle sich vor: Wir beide mit je einer Hand in dem Gehäuse. Tot daneben liegend. Der Reaktoringenieur bei Vattenknall haut die Hauptsicherung des Meilers immer wieder rein und 500km entfernt, in Langen, zucken wir beide fröhlich und im Takte dazu, während die Umgebung in blaue Lichtbögen getaucht wird. Das ist ja mal ein echter Retrofreak-Abgang, oder?

Sei es drum, der mechanische Aufbau war letztlich sogar recht gelungen aus meiner Sicht. Wenn man mal weiß, wie er aufgebaut ist, dann kann man ihn sogar recht gut zerlegen.

Aber bis wir merkten, wie das Teil zerlegt werden sollte, da hatten wir schon unseren Spaß! Und der Holger jammerte immer lauter und lauter…

Als wir dann zum C64-Board kamen, hat er das dann auch gleich russgeruppt und rumgedreht, da man sonst nur die Unterseite sah. Dabei rissen fast alle Kabel ab, die der Typ an die serielle Schnittstelle von unten „gelötet“ hatte. Sind Lötstellen eigentlich immer grau-braun mit schwarzem Rand?

Hallo?
Der hat Modelleisenbahnkabel verwendet, keine Litzen! So richtige, runde Kabel aus… keine Ahnung, Lötzinn will nicht so recht dran haften. Kein Wunder, dass die also alle ausrissen.

Mann! Was hat de Holscher™ dann erst rumgeweint! Er hätte es ja gleich gewusst, dass das keine gute Idee gewesen wäre, etc. pp., heul, schluchz.

Bah! Männer die weinen, das geht ja gar nicht!

Ich fragte ihn nach einem Lötkolben. Jo! Hätte er! Zwei sogar! Super! Da war einer, der sah echt gut aus, schickes Design. Leider erwärmte er sich pro Minute nur um 10 Grad, so dass ich nach kurzer Zeit zu der Alternative griff. Meine Fresse! Was war das denn? Hat der damit früher den Auspuff seines Ford Capris geflickt und die Rostlöcher im Oppel Commodore-Kotflügel aufgefüllt?!?

Gut, besser als das Q-Tip mit eingebauter Heizung, aber gutem Design. Ein Lötkolbenständer wäre nun praktisch, ließ ich erkennen. Hatter auch, de Holscher! Was der net alles hat! Das Teil war STOV-neu. Ist ja kein Fehler, aber als mein Blick die Lötkolbenspitze streifte, wusste ich, warum das Abstreifschwämmchen auf der Halterung noch original eingetrocknet war: Mit der Lötkolbenhygiene hat es de Holscher™ nicht so… *würg* Ich solle mich nicht anstellen, meinte er. Hallo? Wer heult denn hier die ganze Zeit rum?

Lötzinn, Lötzinn war das letzte, was mir noch fehlte. Kurz nach meiner Frage rumpelte auch schon eine Trommel Lötzinn auf den Fliesenboden neben mir. Dass die Fliesen das ausgehalten haben! Sagenhafte Qulaität! Beim Blick auf die Lötzinnrolle, dachte ich erst, die Feuerwehr hätte was liegen gelassen. Wusste ja gar nicht, dass es das Zeug auch in Stärke C für Autogenschweissgeräte gibt. Mann. Mann. Mann.

Ich habe dann seinen Dachrinnenlötkolben genommen und kurzsichtig die Kabel wieder angelö…braten. Meine Güte, ich brauche eine neue Brille. Was mit Gleitsichtgläsern. Ist ja grausam. Ich sehe mich schon mit Flaschenböden im Kassengestell enden.

O.k., vielleicht hätte ich mal das Kabel vonner Floppy abziehen und den 6528 aus dem Sockel nehmen sollen. Aber ich war in Eile. Wie immer.

Nach der Aktion hängt der CeVi beim Laden von Floppy solange, bis man Floppyreset drückt. Tja, da muss wohl noch was nicht ganz passen. Oder so.

Ja, ja, ich habe dem ja gleich gesagt: Never touch a running System – aber er hat ja net hören wollen, de Holscher™. 🙂

Des Holschers™ einsetzendes Geheul ließ mich erahnen, wie sich die Leute gefühlt haben, als seinerzeit die britischen Bomber kamen und die Luftschutzsirenen anliefen. Ich meine, dass ich draußen eine Oma über den Hof rennen sah. Man glaubt ja gar nicht, wie schnell die mit so einem Rollator unterwegs sein können… Gut, dass ich sowieso gehen musste. Ich murmelt noch was von „Man sieht sich…“ und hinterließ nur noch zwei schwarze Streifen auf dem Pflaster der Zufahrt.

Naja, ganz so war es nicht. Ich sagte, dass ich mich darum kümmern würde und er eine 6522 oder 6528 aus einem meiner Geräte bekommen würde. Er mailte mir am nächsten Tag, dass er zwei Floppys, die beide funktionieren sollen, an die Kiste gehangen hat. Gut, tief durchatmen, Schnellschüsse ist man ja von de Holscher ™ gewohnt. Mal schauen, aber irgendwie weiß ich schon, dass ich wieder schuld daran bin, wenn er die beiden Teile auch noch gegrillt hat. 🙂

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