Der Dachbodenausbau zog sich nun doch signifikant lĂ€nger hin, als gedacht und gehofft. Das ist natĂŒrlich auch eine monetĂ€re Frage. Gut, feiern wir doch einmal an dieser Stelle die vielen teuren, aber nicht immer geraden Ecken und Winkel, die der Ausbau eines so alten und nie fĂŒr Wohnzwecke gedachten Dachgeschosses so mit sich brachte. Bitte schnallen Sie sich an, stellen sie den Kaffee weg und bringen sie den BĂŒrodrehstuhl in eine aufrechte Position.
Wir befinden uns nun auf unserer Reiseflughöhe und beginnen die Tour im Flour. Hier erleben wir unterschiedliche LinienfĂŒhrungen, um an dieser Stelle nicht von der FĂŒhrung der Linien zu sprechen, welche sich dank des Genies der KĂŒnstler trotzdem zu einem harmonischen Gesamtbild zusammenfĂŒgen versuchen.
Der rotgerĂ€nderte Blick des Besuchers wird ĂŒber die DachschrĂ€ge entlang gefĂŒhrt, wo er auf ein raffiniertes Ensemble aus Ecken trifft, die selbst den erfahrensten Malermeister schweiĂgebadet aus dem Schlaf hochschrecken lassen, wenn er davon albtrĂ€umt diese mit einem Tapentenkleid versehen zu mĂŒssen.
Dynamische Geraden treffen auf das mit Liebe platzierte Dachfenster, welches nur darauf wartet ein Feuerwerk an jahreszeitlich wechselnden Schattenspielen darĂŒber streichen zu lassen. GĂ€nsehaut, meine HĂŒhner und HĂ€hne!
Zur Linken begeistert der Durchgang zu „Kind 2“ mit einer schier unglaublichen Geometrie. Bitte beachten Sie die auf den Bodendielen eingetrockneten TrĂ€nen der Verzweiflung des Trockenbauers.
Das weiĂe Nichts fĂŒhrt in das Nichts. Existentielle Fragen werfen sich dem Kunstinteressierten wie eine wollĂŒstige Auster an die schmĂ€chtige Brust.
Nicht ein Winkel entspricht dem anderen â oder spricht gar mit ihm. Als ob ein Lineal mit einem Winkelmesser eine strafrechtlich relevante Orgie mit illegalen, bewusstseinserweiternden Substanzen gefeiert hĂ€tte.
Grandios und einzigartig!
Und einzigartig!
Und nach nĂ€her Betrachtung wĂŒrde ich sogar von Einzigartigkeit sprechen wollen.
Man beachte freundlichst das an Durchfall gemahnende Ensemble aus farbigen Kabeln, welches sich unbĂ€ndig aus der Dachhaut direkt auf den erwartungsvoll bebenden Echtholzboden ergieĂt.
Gebote bitte ab 65.300 Euro.
Wir akzeptieren auch Kreditkarten.
Nicht nur das Auge â nein, die komplette Person mit dem anderen Auge â wird in ihrer gottgegebenen Ganzheit durch dieses begehbare Kleinod der Trockenbaukunst Richtung Erlösung verheiĂender Galerie gefĂŒhrt.
Zum Niederknien.
Auch im Wortsinne.
Amen.
Kraftvoll ragt aus der Deckenverblendung der Giebelbalken hervor.
Keck stöĂt er ĂŒber die Treppe direkt in die Wand hinein.
Selbst das Dachfenster verneigt sich ehrfĂŒrchtig vor diesem Architekturschauspiel.
Diese Installation besticht durch jugendlich-lĂ€ssig aus Deckenlöchern heraushĂ€ngenden Kabeln, die sich elegant vom Dachausstieg hinfort biegen. Dieser wiederum bricht laserscharf die Deckenverkleidung auf, als wĂŒrde sich die Sonne höchstselbst in den Raum heilbringend hinein brennen.
Der massive Schornstein ragt ehrfurchtgebietend im Raum empor. Man spĂŒrt seine Masse und die Hitze, mit der er vom Keller kommend, die zarte Dachhaut durchstösst und nur den Himmel als Grenze akzeptiert.
Kommen wir aber zu einem SpĂ€twerk des Gaubenbauers, welches konsequent mit verkrusteten, ĂŒberkommenen Normen und Sehgewohnheiten bricht.
Es spielt mit der Neugier des Betrachters: Geht das Fenster hinter dieser scharfen Kante weiter? Oder kommt dort nur alles verschlingende SchwÀrze?
Ist dies das Sinnbild unseres Seins? Was kommt hinter der nÀchsten Ecke?
Die konsequente Geometrie versetzt auch Kunstexperten in Erstaunen, lĂ€sst sie ratlos aber nachdenklich zurĂŒck.
Ein echtes Meisterwerk.
Verweilen wir kurz und lassen es auf unsere Seele wirken.
Das reicht, wir mĂŒssen weiter.
Fast schon profan, gewöhnlich und banal erscheint gegen das bisher brutal auf uns EingestĂŒrzte diese Installation. Der KĂŒnstler nennt sie:
„Ging net anners“
Gleichwohl Christo wurde hier ein StĂŒtzbalken kunstvoll und formvollendet verkleidet.
Unschuldiges WeiĂ verhĂŒllt spielerisch flieĂend eine statische Notwendigkeit und versieht baurechtliche Vorgaben mit einem zarten Fragezeichen.
Die Börsennische, meine DĂ€nen und Harn. Volkswirtschaftlich korrekt kennt diese DachfĂŒhrung nur den steilen Weg nach oben! Stetes Wachstum ist der Garant fĂŒr unsere Volkswirtschaft!
Aber was ist das? Ein rechteckiger Bruch mitten im existentiellen Wachstum? Hinter der kalten Fassade befindet sich ĂŒberraschender Weise warmes Holz, welches fĂŒr die GefĂŒhle und die sozialen BedĂŒrfnisse des Menschen steht.
Die Dosen und Kabel sind ironisches Sinnbild fĂŒr den animalischen Fortpflanzungstrieb. Der einzelne, hier ĂŒber drei Frauen platzierte Mann ist eine deutliche Anklage an den mormonischen Glauben und unsere genderverwirrte Zeit.
Ein bisher durchaus und zu Recht kontrovers diskutiertes Machwerk des ausgehenden Kapitalismus.
Unser letztes Objekt nennt sich „Jugend“. Steil ansteigend, aber ĂŒber einem verzagten kleinen Bogen auf eine kurze, gleichbleibend stabile Strecke in die Stagnation hineinfĂŒhrende unaufhaltsam abfallende Linie, steht dieses Meisterwerk fĂŒr nichts Geringeres als unser aller Existenz und entzieht sich doch durch seine die Wahrheit verkĂŒndende Einfachheit dem kunsthistorischen Diskurs.
Ich bedanke mich fĂŒr Ihre geteilte Aufmerksamkeit und darf… nein… muss mich an dieser Stelle von Ihnen hetzerisch verabschieden.
Die mit Ozelotfell bezogenen Notrutschen befinden sich rechts und links von Ihnen und fĂŒhren jeweils in ein erfrischendes Krokodilbecken oder die mollig warme Löwengrube.
Bitte werfen sie Ihre Portemonnaies vor ihrem Ableben in die bereitgestellten SÀurefÀsser.
In diesem Sinne:
Am Apparat!
Einfach nur unterhaltsam geschrieben. Wahnsinn köstlich :)
Sehr geehrter Herr Schmidt,
Hallo Falko,
Alles senkrecht, Schmiddi?
Wir freuen uns, ĂŒber jeden massie… passierten Gunst… Ă€hm.. Kunstliebhaber, der sich auf diese winzige, aber feine Site in diesem abgelegen Zentralarm der Internetgalaxie verklickt. Noch mehr freut sich unser einköpfiger Direktorenrat ĂŒber jede hingeschmierte Hinterlassenschaft der vergĂ€rten Besucher â ganz besonders aber ĂŒber den Hinweis, dass ihm in der Kantine unser Pilzragout ĂĄ la Psilocybin gemundet hat („Wahnsinn köstlich“). Wir empfehlen trotzdem die LeckTĂŒre des Buches „Google fĂŒr Dummies“, damit Sie das nĂ€chste Mal nicht wieder hier landen, wenn Sie nach den ĂŒblichen Schmuddelseiten suchen.
Beehren Sie uns bald wieder und bleiben Sie und gewagt gewogen.
Im Auftrag nach Diktat verreist
(STIRNABDRUCK)