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Kritik zur Serie „Extant“

Lesedauer 4 Minuten

Dies ist eine spoilerfreie Rezension. „Extant“ ist eine us-amerikanbische Sci-Fi-Serie um eine gutaussehende, intelligente – aber leider unfruchtbare – Astronautin, die von einer Einzelmission nach über einem Jahr schwanger (durch eine mehr oder weniger unbefleckte Empfängnis) zur Erde, ihrem gutaussehenden, intelligenten, liebevollen – aber stets besorgten und bemühten – Ehemann und ihrem gutaussehenden, intelligenten – aber gruselig-netten – Roboterkind zurückkehrt.

Wenig subtil verwandelt sich im Vorspann der Schriftzug „Extinct“ (ausgestorben) in „Extant“ (übrig geblieben), was aber die grobe Storyline vorwegnimmt. So ahnt der erfahrene Zuschauer, was auf ihn zukommt. Leider ist dies symptomatisch für die Serie, die ohne jedwede Überraschung oder neue Idee aufwartet.

Spielberg bleibt sich treu und schart auch bei „Extant“ als Produzent wieder eine Autorenriege um sich, die seine überholen 80-Jahre-Ideen uninspiriert umsetzen. Leider fehlt hier komplett das Retrofeeling. Klar, die Serie spielt auch in einer nahen Zukunft.

Es handelt sich um eine billig produzierte SF-Grusel-Serie im cleanen Heile-Welt-Plastik-Look mit zwar teils überzeugenden Spezialeffekten, die aber für SF-Fans einfach zu selten eingesetzt werden. Auch der Grusel kommt viel zu kurz – sowohl der direkte, wie auch der unterschwellige, subtile.

Wie bei Falling Skies werden banale bis sinnfreie Dialoge meist bedeutungsschwer vorgetragen. Von Humor keine Spur, so dass für durchschnittlich intelligente Zuschauer die ganze Nummer schnell unerträglich wird.

Halle Berry kennt hier (ebenso wie Goran Višnjić ) zwei oder drei Gesichtsausdrücke, von denen sie aber meist nur den des verschreckten Bassets trägt. Männliche Zuschauer werden, dadurch (Achtung, Kalauer!) bei der Stange gehalten, dass Berry einmal pro Folge rennt und dabei die primären Geschlechtsmerkmale… sagen wir einfach „gut zur Geltung“ kommen.

Wie auch bei Spielbergs „Falling Skies“ wird die Serie augenscheinlich einfach drauflos geschrieben, es gibt weder eine Charakterentwicklung noch bleiben sich die Charatere treu. Sie handeln so, wie es gerade zur Story der einzelnen Folge passt. Es scheint keinen gemeinsamen Kanon der Autoren für die einzelnen Personen zu geben. Wer „Game of Thrones“ gesehen hat, wird hier ob der fehlenden Konsistenz der Figuren einfach nur kopfschüttelnd abschalten.

In der heutigen Zeit stellen selbst Streaming-Dienste qualitativ wesentlich überzeugendere Serien her, die es schaffen, an sich eher dröge Themen wie die der britischen Königsfamilie („The Crown“) oder den Alltag von Hebammen der fünfziger Jahre („Call the Midwife“) spannend und kurzweilig auf den Schirm zu bringen – und so auch Zuschauer (wie mich) zu begeistern, die diese Themen eigentlich gar nicht interessieren.

„Extant“ schafft es hingegen nicht sehr oft Spannung aufzubauen. Wer einmal „Better call Saul“ sah, weiß, dass man auch einfache Handlungsstränge und Einzelszenen alleine durch die Kameraführung hochspannend gestalten kann. „Extant“ versagt auch hier auf ganzer Linie. Die Serie schafft nicht einmal, dass Science-Fiction-Fans eine Folge durchgehend schauen können, ohne bei den ewig gleichen schmalzig-pathetischen Dialogen um Pflicht, Beziehung und Familie (die Lieblingsthemen von Steven Spielberg) vorzuspulen. Die Zielgruppen finden sich wohl in gelangweilten Hausfrauen, die die Folgen vormittags „wegbügeln“.

Alle Folgen sind zäh und geschmacklos wie ein altes Kaugummi und schaffen es tatsächlich das aktuelle und wichtige Thema der künstlichen Intelligenz völlig unkritisch rein auf Emotionen zu reduzieren. Es geht nur darum, dass sowohl die KI wie auch das Alien Menschen durch das vorgaukeln von Emotionen und das Nachahmen von Körperlichkeit (Visionen, Projektionen, was weiß ich) manipulieren wollen – und dies auch meist schaffen. Das ist langweilig und seit mehr als dreissig Jahren wirklich ausgelutscht. All diese technischkritischen Existenzphilosophien wurden schon wesentlich tiefgründiger – und vor allem kurzweiliger – erzählt. „Extant“ wirft weder neue Fragen auf, noch schafft es die Serie Antworten auch nur anzudeuten. Der Zuschauer soll offenbar nicht allzu viel nachdenken.

Völlig zu Recht wurde die Serie Aufgrund des kaum vorhandenen Zuschauerinteresses bereits nach der zweiten Staffel eingestellt. Die noch krusere Handlung diese Staffel zeigt sehr deutlich, dass vor der Produktion keine Storyline entwickelt wurde. „Macht doch mal was mit Aliens und Robotern! Und einer Invasion!“ – das reicht heute eben nicht mehr aus. Moment, das stimmt ja gar nicht, denn ein fehlendes Konzept funktionierte schon bei „Earth 2“ nicht. Aber selbst mit einem guten Konzept schafft es Amblin Entertainment mit ihrem Hang zur Storyüberdehnung auch gute Ideen abzutöten, wie man bei „Under the Dome“ sehen konnte. Die vorzeitige Einstellung all dieser Serien war auch schon die einzig richtige Entscheidung der Produzenten. Hoffen wir, dass Spielberg darüber nachdenkt und den Zuschauer nicht weiterhin für grenzdebil hält. Wenn man aber hört, dass Apple Spielberg für ein Remake seiner eigenen 1980er-Jahre-Serie „Amazig Stories“ anheuerte, kann man nur den Kopf schütteln. Spielberg ist nur noch in einem Meisterhaft: sich selber zu kopieren.

Fazit:

Spielberg kopiert sich schamlos wieder einmal selbst. Viel weniger seines Filmes „AI — künstliche Intelligenz“ und etwas mehr von der leider zu früh abgesetzten Serie „Almost Human“ hätten „Extant“ gut getan. Es ist alles zu viel des Guten, die so simple wie überholt-konservative Botschaft wird immer und immer und immer und immer und immer wiederholt. Das beschreibt die Quintessenz von „Extant“ wohl am ehesten. Spielberg hat seine besten Zeiten längst hinter sich gelassen.

Es braucht nicht immer ein Roboterkind, um beim Zuschauer Empathie zu wecken, Spielberg! Andere beherrschen Deine üblichen Themen besser, spannender und zeitgemäßer! Der emotionale Vorschlaghammer ist längst out, wann merkst Du das endlich und beleidigst nicht mehr die Intelligenz Deiner Zuschauer?

„Extant“ ist eine langweilige Serie mit unerträglichen Dialogen, schwacher Storyline und unzeitgemäßer, überholter Botschaft, die die Intelligenz der Zuschauer beleidigt und deren Geduld auf teils harte Proben stellt.

Alternativen:

Für am Thema Künstliche Intelligenz interessierte Zuschauer kann ich „Westworld“ nur empfehlen. Diese Serie ist hervorragend besetzt, intelligent, kurzweilig und bietet überraschende Wendungen – hat also alles, was „Extant“ fehlt. Als Sahnehäubchen gibt es zudem noch einen wirklich brillanten Soundtrack.

SciFi-Freunde kommen zudem bei „The Expanse“ voll auf ihre Kosten: schöne Weltraumszenen, ein leichter Retro-Touch und eine durchgehend spannende, zivilisationskritische Storyline. Ja, sowohl bei „The Expanse“ wie auch bei „Extant“ findet sich der Part des bösen asiatischen Industriellen – aber die Generemischung ist bei „The Expanse“ eben wesentlich besser gelungen, so dass man dieser Serie die eine oder andere Schwäche im Plot gerne verzeiht.

Nach nur zwei Staffeln wurde die SciFi-Krimi-Serie „Almost Human“ mit einem Cliffhanger abgesetzt – sie ist deswegen trotzdem intelligenter und sehenswerter als „Expanse“.

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