Auf der Retrobörse 6

Im Mai platzte die Retrobörse aus allen Nähten. Viel mehr Besucher hätten nicht kommen können, sonst hätte der Ruf „Hier gibt es Duke Nukem Forever als Prerelease!“ eine Massenpanik mit umgeworfenen Ständen, zertrampelten Modulen und abgebrochenen Joysticks ausgelöst. Viele der Nerds verfügen zudem offenbar über beachtliche Geldmengen – eine Quelle, die es stetig anzuzapfen gilt, sonst lassen die ihre Kohle noch bei Ebay. Logische Schlussfolgerung des ganzen: Eine zweite Retrobörse im Jahr 2010 musste her!

Anders als letztes Mal fanden diesmal bereits sechs Freaks aus dem Rhein-Main-Gebiet den Weg nach Bochum. Anta, Draco und Erby waren verhindert, an ihre Stelle sprangen aber Cochin, Finchy, HelmutX und Mugg ein, so dass wir wieder meinen alten Espace nehmen mussten, wenn wir nicht mit zwei Autos fahren wollten, was aber die Kosten deutlich erhöht hätte.

Wir trafen uns wie üblich in Frankfurt um 07:00 Uhr, bis auf die Herren Quarkbeutel und Mugg, die vornehm zu spät kamen. Nachdem alle im Fahrzeug verstaut waren, ging es dann auch endlich los.


(Mugg, Finchy, HelmutX, Cochin, Quarkbeutel und Hessi auf großer Fahrt)

Die Fahrt verlief ereignislos, bis auf das stetige Gejammer Quarkis, dem die Autobahnrichtgeschwindigkeit nicht flott genug war. Nach 245km waren wir kurz vor 10:00 Uhr am Ziel in Bochum und fanden sogar fast direkt gegenüber dem Falkenheim einen freien Parkplatz. Nach der langen Fahrt tat ein kleiner Spaziergang gut, der uns überraschender Weise wieder einmal direkt vor das Café Ferdinand führte. Tradition muss sein, und so stiessen wir auf Erby, dem Begründer dieser Gewohnheit, an, der den Tag – frisch operiert – im Krankenhaus verbringen musste.


(Café Ferdinand)


(Geben ihre Bestellung auf: Quarki und HelmutX)

Durch die Einkehr geriet der Tag eher zum Happening, als zur Einkaufstour, aber warum sollte man nicht 6,60 EUR für ein Frühstück investieren, sich gut unterhalten und entspannt auf die Retrobörse gehen, als direkt aus dem Auto in die Schlange vor der Kasse zu fallen?


(Nerdschlange)

Vor dem Falkenheim standen sich dann folglich die Nerds die Beine in den Bauch. Spontan dachte man, es finde – in guter sozialdemokratischer Tradition – eine Armenspeisung statt. Aber nein, ausser uns hatten die meisten wohl kaum etwas gefrühstückt, oder wie sollten man die hungrigen Blicke sonst deuten? Wie? Die waren heiss auf Retrostuff? Glaubste doch selber net!

(Falkenheim)


(warten, warten, warten)

Wir warteten und warteten und warteten und warteten, aber die Pforten in das Retroparadies wurden nicht geöffnet. Unglaubliche 20 Minuten standen wir in der Schlange, die diesmal deutlich weniger unterhaltsam als noch im Mai war. Als dann – gefühlte 30 Minuten nach 11:00 Uhr – die Börse für die breite, tumbe Masse geöffnet wurde, ging alles ganz schnell. Vier Euro Eintritt (für die Kohle sass ich zu CeVi-Zeiten noch auf Logenplätzen im Kino!) und schon standen wir… frei!

Kein Gedränge, kein Geschubse und auf die Füsse treten! Man wurde nicht so nah an Leute gepresst, dass man deren (nichtbenutzte) Deo-Marke erraten musste, so wie noch auf der Retrobörse 5. Seeeehr angenehm! So stellt man sich eine Börse vor, die Spass macht.


(nicht zu voll: der Vorraum im ersten Stock)


(erster Stock)


(Philips G7200 für gefühlte 25. Mio Euro)

Im Eingangsbereich befand sich wie immer eine frei bespielbare Ausstellung, die diesmal unter dem Motto „Feuerwehr“ firmierte. Auf verschiedenen Systemen konnte man Spiele zocken, die sich mit diesem Thema auseinandersetzten. Um ehrlich zu sein, war mir nicht bewusst, dass es überhaupt solche Spiele gibt. Man lernt halt nie aus.


(frei bespielbare Ausstellungsstücke)


(schön gemachte Glasvitrinen zum Thema „Feuerwehr“)

Quarki winkte mir von der Treppe im ersten Stock zu: „Hier ist was für Dich!“. Tatsächlich hatte ich mit einem der Händler per Mail ausgemacht, dass er mir ein Philips G7200 mitbringt. Bevor wir allerdings zu Preisverhandlungen kamen, brach der Mailkontakt ab. Ich muss sagen, dass ich zwar seine Worte hörte, die aber keineswegs bis zu meinem Verstand durchdrangen: „250,- EUR habe ich für das Gerät angesetzt.“.

Tja, er hätte ebenso gut 2.500,-, 25.000,-, 250.000,- oder 25 Millionen aufrufen können. Ich bin doch kein Amiga-Fan, der bereit ist, jeden Preis für seltene Geräte zu zahlen. Nicht einmal Enttäuschung machte sich in mir breit, denn sooo toll ist ein G7200 nun ja auch nicht, da man sich das Ding dank des Schwarz-Weiss-Monitors sowieso nur hinstellen kann, statt damit zu spielen. Sein angedeutetes unterstes Preislimit lag aber immer noch höher als alles, was ich bisher für den Kasten in der Bucht lesen musste. O.k., das Gerät ist absolut makellos, es fehlen ihm nur die Sticks, aber der Preis…

Sein „…also, für 50,- EUR gebe ich es nicht her“ konnte auch nicht trösten, denn genau das war mein oberstes Limit für dieses Schätzchen. Der Ezyer, ein mir bekannter Videopacsammler, meinte, dass er nicht mal 50,- EUR für das Ding zahlen würde. Tja, der Videopac-Markt ist tot. Alle, die die G7000-Schiene sammeln haben bereits das, was sie brauchen und das spiegelte sich im Preisniveau wieder: 1,- bis 3,- EUR für Videopacs, 3,- bis 7,- für die Plus-Videopacs. Selbst ein G7000 in OVP, mit ca. 36 Modulen, wurde für den Spasspreis von 70,- EUR wie Sauerbrot bereits zum zweiten Mal angeboten. Früher wäre sowas innerhalb von Minuten weg gewesen.


(Ein Spasspreis für dieses schöne Gesamtpaket!)


(angenehm gefüllt: großer Verkaufsraum im ersten Stock)

Zwischendurch bemerkte man nach einigem Wühlen in den Kisten, dass sich auf den Händen ein merkwürdiger Film aus Cockpitspray und Staub bildete, je nach Pflegementalität der Verkäufer. Cockpitspray: teuer, Staub: billig!:-)


(Stand vom Frank)

Auf dem Stand vom Frank bekam man erstklassige, auf Herz und Nieren geprüfte und restaurierte Geräte, die, wenn keine OVP vorhanden war, so doch zumindest in neue, sauber Kartons verpackt wurden. Einige mögen die Preise für zu hoch halten, aber es gibt auch Leute, die handwerklich nicht geschickt sind, von Technik keine Ahnung haben, aber wieder ihren alten Rechner von damals haben wollen. Ebenso wie es auch auf dem Oldtimer-Markt Note 1-Fahrzeuge gibt, für die man sehr hohe Preise verlangen kann, bekommt man beim Frank eben erstklassige Geräte zu humanen Preisen. Dass das einige der Bastlernerds nicht einsehen wollen, dürfte aber klar sein.


(Frank)


(Ausnahme: chinesischer NES-Klon mit geschönten Screenshots auf der Packung in einem Playstation-Gehäuse auf Franks Stand)


(Schlonkel was here: „Bürzel schnuppern?“ – ein Insider aus dem Forum 64 deutet darauf hin.)

Wer über Franks Preise nicht erfreut war, dem fielen bei vielen anderen Ständen schlicht die Augen raus. Sollten die Preise dort etwa in Zloty ausgezeichnet sein? Lose NES-Module gingen ab 10,- bis 20,- EUR los, nackte Gamecubes für weit über 50,- EUR – all das lies Ebay wie Aldi aussehen.

Liebe Verkäufer, ich habe bereits in einigen Foren gelesen, dass die Leute bei Preisen, die bei 300% des Üblichen liegen, die Lust auf Handeln verlieren. Aber klar, ihr wollt auch von was leben, aber Spass macht das so nicht.

Auch ich habe mir mittlerweile meine Lieblingshändler (wie den Stefan) gesucht, bei denen es Spass macht zu kaufen, weil man eben nicht in vollkommen absurden Bereichen handeln muss und so immer mehr kauft, als man eigentlich wollte. „Ach komm, bei dem Preis diskutiere ich nicht, ich nehme den ganzen Karton!“.


(Mugg, mit politisch korrektem Türkenkoffer der türkischen Ladenkette „Zeemann“)


(Glücklicher Schlonkel)


(Camper, Schlonkel und Videofreak an einem Arcade-Tabel mit unpassendem TFT(!) *urgs*)


(Verkaufsraum im Untergeschoss)


(Kein HomeCon.Bericht ohne Donkey-Kong!)


(Best Friends: Camper und C64)

Ja, was habe ich denn eigentlich mitgenommen? Viel zu viel! Im Einzelnen mehr als akzeptabel Preise, in der Gesamtsumme eher erschreckend!

Als erstes schlug ich beim Jens zu, mit dem hatte ich auch schon im Vorfeld Mailkontakt und er brachte mir einen Schwung Emerson Arcadia-Kassetten mit: 14 Stück, fast alle in OVP, für 35,- EUR. Eine unerfreuliche Gesamtsumme, aber bei 2,50 EUR pro Stück kann man sich nicht beschweren. So meldete auch einer meiner Mitfahrer gleich Interesse an und wollte mir das Paket gleich für das gleiche Geld abnehmen. Dem war ich auch absolut nicht abgeneigt, bis… ja bis ich zu Hause ankam und ein Modul probeweise in mein Schmidt TVG 2000 steckte: passt! Jetzt mag ich die nicht mehr hergeben. :-O


(weiss sich zu kleiden: Jens)

Obwohl ich mich im letzten Bericht über die Modulschwemme auf der Börse beschwerte, kaufte ich dieses Mal doch nur Module:

7x Intertonmodule: 3,-

14x Ammerson Arcadia-Module: 35,- EUR

4x Plus-Videopacs: ca. je 3,- bis 6,50 EUR

8x normale Videopacs: je ca.: geschenkt bis 3,- EUR

12 Module für Mastersystem, GameGear, Videoplay, NES, Intellivision und Gameboy: je 1,- EUR

Erfreulich: Endlich gab es Videopacs zu kaufen! Insofern hat sich meine Suchliste weiter verkleinert! Hurra!

Jeder aus dem HomeCon.Team wurde fündig, die einen mehr, die anderen weniger. Die, die „zuviel“ kauften jammerten und die, die „zuwenig“ kauften jammerten auch. Als Trostpreise nahmen einige einen Packen defekter Geräte mit.


(für umme: defekte Geräte)

Nicht fehlen durften natürlich die Stände des CSW-Verlages und des Return-Magazins. Auf dem Stand des CSW-Verlages bot der sympathische Inhaber Enno Coners vom Space-Invaders-Einswürfelbereiter, über die Magazine Retro und Elektrospieler, zahlreichen Büchern bis hin zu einer 4x-SID-Karte, mit der man den CeVi-Sound auf einem PC geniessen kann, allerlei Nerd-Stuff an.


(Enno Coners am CSW-Stand)


(4x-SID-Karte für den PCI-Bus)

Optisch ansprechender war für die meisten des eher männlichen Publikums aber der Stand des Return-Magazins – seht selber! 😛


(Return-Stand)

Im Bistro fanden sich zum Mittag die üblichen Verdächtigen aus dem Forum64 ein: HOL2001, Videofrak, Ghost, Camper, DeHoque, Hellcat, Schlonkel und wir sechs von der HomeCon füllten das Bistro bereits zu mehr als der Hälfte aus.


(schnell und sympathisch: das Team des „Retro-Bistros)


(Videofreak, Ghost, HelmutX, Schlonkel)


(Mugg, Quarkbeutel, HOL2001)


(Forum64-Treffen auf der Retrobörse: HelmutX, Schlonkel, Hessi, Camper, HOL2001, Hellcat, Videofreak, DeHoque)

Am Nachmittag lichteten sich die Reihen der Besucher dann doch. Die Schnäppchenjäger versuchten noch letzte Geschäfte zu machen: „Das willst Du doch nicht wieder mit nach Hause schleppen, oder?“


(am Nachmittag deutlich leerer: Vorraum im Untergeschoss)

So liessen auch wir den Tag ausklingen und sortierten vor dem Eingang zum Falkenheim unsere Schnäppchen und gaben uns noch Tipps, wo noch was von Interesse zu finden sei. Lustige Anekdote vor der Tür war, dass sich Sign-Set und Finchy gegenseitig suchten und mehrfach fragend an uns vorbeikamen: „Wo ist denn der Frank?“ – „Habt Ihr den Boris gesehen?“. Für uns war das witzig, für die beiden eher weniger. 😀

Während der gesamten Retrobörse brachten wir unsere Schätzchen immer wieder zum Auto, damit wir die nicht mit uns rumtragen mussten. Vor der Abfahrt stand also erst einmal verstauen an. Im Auto befanden sich nur sechs Sitze, so dass wir den freien Platz des Siebten für Kartons und Taschen zur Verfügung hatte. Cochin und HelmutX hatten es sich in der letzten Reihe mit weit zurückgelehnten Sitzen gemütlich gemacht, so dass dort auch nicht viel Stauraum zur Verfügung stand. Trotzdem verstauten wir alles zufriedenstellend an Bord, wenn man von Mugg auf dem Beifahrersitz absieht, der ein Interton auf dem Schoss hatte und verträumt daran herumspielte.

Vor der Abfahrt machten wir noch ein paar launige Bilder. Beim Anblick des Bildes mit dem Atari ST, der als Unterlegkeil das Wegrollen des Autos verhindern sollte, rief meine Tochter ganz entsetzt:
„Argh! Du bist da nicht drübergefahren! Nein! Das würdest Du nie machen!“
LOL! Man kennt mich!


(doch zu etwas nütze: Atari ST)

Auf der Retrobörse habe ich leider nicht viel gefilmt. Viele sind doch eher Kamerascheu und ich wollte nicht das x-te Gerät und das tausendste Modul filmen. So ist mehr als die Hälfte des Streifens eher eine Art Bewegtbilddiashow.

Das Video von mir:


(Quarki sortiert die Einkäufe)


(Platzproblem – muss jemand den Zug nach Hause nehmen?)


(zum Glück passten doch alle rein!)


(ist das ein Liegewagen, oder was?)


(Bewundern der Beute)


(Mit der Beute protzen: „Seht her! Ein echtes Mustang-Modul, Ihr Loser!“


(Mugg am Steuer: Gas ist links!“)


(Interton mit CAN-Bus? Wohl kaum!)


(hoffnungslos: auch mit dem Elta-Joystick konnte Quarki kein Gas geben!)


(„Ist es nicht wunderwunderschön?“)


(Quarki schaut auf den Twingotacho am Dachhimmel: „Schon wieder unter 130! *sic*“)


(Wieso? Sind doch genau 130!)


(Finchy und der LKW: Entsetzen!)


(Wo wir sind ist vorn: Mugg und Hessi)


(nur für das Photo: es ging auch schneller als 130)


(zurück im Stau: Frankfurt hat uns wieder!)

Nach insgesamt 490 Kilometern kamen wir wieder in Frankfurt an. Zum Leidwesen Finchys musste ich einige Male laut über Kleinwagenfahrer schimpfen, die uns mit 5 km/h Geschwindigkeits“überschuss“ überholten, so dass ich einmal dichter auf einen LKW auffahren musste, als es nötig war. Freunde! Ein Überholvorgang darf nur 45 Sekunden dauern! Ach ja, mit einem Espace sollte man auch nicht auf einer zwei Meter breiten Spur neben einem LKW fahren, das bekommt Finchys Nerven auch net besonders. 🙂 Meinen aber auch nicht! LOL!

Falls Ihr Euch wundert, warum das so viele Bilder von der Fahrt sind: die Stimmung an Bord war wirklich sehr ausgelassen und wir haben viel gelacht.

Gekostet hat uns die ganze Chose 12,50 pro Nase, das war also durchaus im Rahmen. Das Porto bei Ebay wäre uns für den Kram deutlich teurer gekommen.

Fazit: Die nächste Retrobörse im Mai 2011 werden wir sicher wieder unsicher machen!

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